SWR1 3vor8

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14. Sonntag im Jahreskreis A (Mt 11,28)

Manche Leute halten die Kirche für anmaßend. Weil sie nach deren Auffassung über die Köpfe der Menschen hinweg redet. Weil sie im Brustton der Überzeugung etwas behauptet, was von der Realität nicht gedeckt ist. Weil sie die Sätze der Bibel so zitiert, als wäre damit schon alles klar.
Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt, ich werde euch Ruhe verschaffen
(Mt 11,28). Das ist so ein Satz. Jesus soll ihn gesagt haben.
Der Evangelist Matthäus hat ihn aufgeschrieben. Und heute machen viele Pfarrer der katholischen Kirche ihre Predigt darüber.
Ob das, was sie sagen, dann auch anmaßend rüber kommt?
Alle sollen und können zu Jesus kommen. Alle, die ein Päckchen mit sich herum tragen oder bereits am zusammenbrechen sind, weil ihnen ihr ganzes Leben zu viel geworden ist. Jesus richtet es, Jesus richtet sie auf, Jesus sorgt dafür, dass es besser wird. Nein, nicht Jesus höchstpersönlich und direkt, die Kirche sorgt an seiner Stelle dafür.

Ist das nicht eine ungeheure Anmaßung? Dass die Kirche allen helfen kann: den Belasteten und Beladenen, denen mit Burn-out, denen, die unter Depressionen leiden, denen, die unter die Räder gekommen sind.

Jesus tut ihnen allen gut. Ja, ich glaube, dass das stimmt. Jesus kann das. Er weiß, was den Leuten auf der Seele lastet und er hat die Möglichkeiten, ihnen Gutes zu tun. Jesus ja.

Aber die Kirche ist damit überfordert. Da arbeiten auch nur Menschen, die eingeschränkte Möglichkeiten haben. Die Kirche vollbringt keine Wunder. Im Gegenteil: Alle, die zur Kirche gehören, müssen mit ihren Lasten auch zu Jesus kommen. Insofern steht es der Kirche schlecht an, mit Phantasien, die von der Rettung der Welt reden, durch die Gegend zu laufen.

Was kann ich dann zu diesem Satz sagen, wenn ich nachher in der Predigt darüber spreche? Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt, ich werde euch Ruhe verschaffen.
Zum einen muss ich an dem Anspruch festhalten, der dort ausgedrückt wird: Jesus ist für alle da. Es hat den Leuten gut getan, ihm zu begegnen. Er konnte gut trösten. Er hat ihre Wunden mit Liebe zu heilen versucht. Er hat ihnen immer wieder vergeben, was sie falsch gemacht haben. Ich glaube, am meisten hat er sie damit entlastet, dass er sie für Gott geöffnet hat. Was Menschen nicht schaffen - Gott hat andere Möglichkeiten. Deshalb muss ich dann in meiner Predigt noch etwas Zweites sagen: Kein einzelner Mensch ist wie Jesus.
Auch kein Pfarrer, Bischof, oder Papst. Ich schaffe es gerade mal, einem einzelnen anderen zu helfen. Und das auch nur in meinen menschlichen Grenzen. Das muss mir klar sein, um nicht anmaßend zu werden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24588
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