Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Vor kurzem war ich Teilnehmer einer Talkrunde. Thema: Glücklich mit Gott - oder glücklicher ohne? Im Verlauf unserer Diskussion ist mir ziemlich schnell klar geworden: An das eigentliche Thema kommen wir kaum ran. An die Frage nämlich, ob Gott und der Glaube an ihn Menschen hilft, glücklich zu sein. Stattdessen haben wir lange darüber gestritten, ob die Kirche zu viel Geld hat, ob der Glaube den Menschen in seiner Freiheit einschränkt, und ob es für Kinder schlecht ist, wenn sie in der Schule Religionsunterricht haben. Das hat schon alles irgendwie mit Gott zu tun, aber es bleibt doch ziemlich an den äußeren Umständen hängen - am Wie. Beim Thema des Talks sollte es aber doch um das Was gehen. Was trägt Gott zu meinem Glück bei?

Um keine Zweifel aufkommen zu lassen: Ich verfüge nicht über private Offenbarungen, in denen Gott mir gesagt hätte, wie er genau etwas zu meinem Glück beiträgt. Aber ich weiß ziemlich genau, was ich unter Glück verstehe und was ich dazu brauche. Ich bin glücklich, wenn mir jemand ein Kompliment macht, ohne dass ich im geringsten damit gerechnet hätte - wie kürzlich eine junge Frau, die zufällig neben mir auf der Bank saß und auf den Bus gewartet hat. Es macht mich glücklich, wenn ich mich mit meinem Leben in Einklang weiß, zufrieden mit dem, was ich kann und habe und versöhnt mit meinen Fehlern. Ein besonderes Glück ist es für mich, wenn mir gemeinsam mit anderen etwas gelingt, was ich allein nie geschafft hätte.

Zurecht denken Sie jetzt: Das hat doch mit Gott gar nichts zu tun. Aber das sehe ich anders. Wo Gutes geschieht, da ist Gott. Wo Menschen sich wertvoll fühlen, wo einer nicht verzweifelt, obwohl alles düster aussieht, da ist Gott immer dabei, da hat er seine Finger im Spiel. Und im Unglück - wie ist es da? Als vor Jahren mein Vater starb, bin ich in ein tiefes Loch gefallen. Mein Unglück war groß, so dass ich fast die Lust am eigenen Leben verloren hätte. Fast. Bis ich irgendwann sagen konnte: Es war gut so, es ist jetzt gut. Ich bin für das Letzte nicht verantwortlich - weder bei meinem Vater noch bei mir.  Gott hat das alles in der Hand. Damit war eine unglaubliche Erleichterung verbunden. Ein großes Glück. Es wirkt bis heute nach.

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