Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Unter den Menschen, die Jesus um sich geschart hatte, waren etliche Typen. Charakterköpfe meine ich damit, Frauen und Männer, die nicht Standard waren, sondern was Besonderes. Einer von ihnen heißt Thomas. Er ist mein Namenspatron. Und heute ist sein Festtag.

Das Markenzeichen von Thomas ist, dass er Fragen stellt. Das macht ihn mir ungeheuer sympathisch. Weil ich selbst auch einer bin, der viele Fragen hat. Das war schon immer so. Schon in der Schule ist das manchen Lehrern auf den Wecker gefallen, dass der Thomas immer noch etwas zu fragen weiß. Ich kann mir vorstellen, dass meine Fragerei nervig und anstrengend war. Aber ich bin auch davon überzeugt, dass die damit verbundene Neugierde mich weiter gebracht hat.

Der Jünger Thomas fragt andauernd, so jedenfalls berichtet es die Bibel. Immer wenn von ihm die Rede ist, stellt er Fragen und meldet mit diesen Bedenken an. Zu Jesus sagt er, als der Abschied ansteht: Wir wissen nicht, wohin du gehst und kennen deshalb auch den Weg nicht. Eigenartig, er ist doch zwei Jahre lang mit ihm unterwegs gewesen. Und als die Jünger dem Auferstandenen begegnen, meldet er vehement Zweifel an, ob das wirklich sein kann: Wenn ich nicht mit eigenen Augen sehen, ja, die Narben berühren darf, die vom Kreuz stammen, dann glaube ich nicht, sagt er. Dabei hat Jesus doch immer wieder davon gesprochen, wie es kommen wird, dass es gefährlich ist, wenn er sagt: Die Ersten werden die Letzten sein, weil das die Ersten aufregt. Dass die frommen Juden ihm das übel nehmen werden, wenn er auf ihre Gesetze und Spielregeln wenig Rücksicht nimmt. Seine Jünger sollten aber keine Angst haben: Gott werde ihn bewahren vor dem ewigen Tod. Thomas kann das trotzdem nicht so einfach glauben.

Thomas bekommt auf seine Fragen und Zweifel Antworten. Die fallen nicht immer so aus, wie er es erwartet hat, aber sie bringen ihn weiter. Er sammelt auf diese Weise Erfahrungen, wie Glauben funktioniert, und das macht schlussendlich seinen persönlichen Glauben an Gott stärker. Zum Beispiel, dass Sehen nicht alles ist oder die Fakten nur einen Teil von dem ausmachen, was es gibt. So lernt Thomas neu zu sehen und auf das zu vertrauen, was er hofft.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24537
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