Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Welches von den 10 Geboten finden Sie am wichtigsten? Finden Sie die 10 Gebote überhaupt wichtig?
Mit diesen Fragen im Gepäck sind meine 13-jährigen Konfirmanden an einem Samstagmorgen in die Fußgängerzone ausgeschwirrt und haben die Menschen befragt. Da wir uns nicht sicher waren, ob alle die 10 Gebote kennen, haben sie vorsichtshalber einen Spickzettel für die Erwachsenen bereit gehalten, damit die nachlesen konnten: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben, den Feiertag heiligen, Vater und Mutter ehren, nicht töten, nicht stehlen, usw.“

Es waren nicht viele, die tatsächlich alle Gebote gewusst haben. Aber fast alle haben gesagt: „Ich finde die wichtig.“ Vor allem die, wie Menschen miteinander umgehen sollen – das fanden die meisten wichtig.

Die Jugendlichen selbst hatten drei klare Favoriten.

„Nicht töten“ war für sie auf Platz 1. Dabei hatten sie einen weiten Horizont. Nicht töten – da waren für sie Mord und Totschlag gemeint, aber auch Krieg und die Todesstrafe. Es ist ihnen also nicht nur um das persönliche Leben, sondern auch um Rechtsprechung gegangen, und darum, was ein Staat tut.

„Nicht ehebrechen“ war ihr Platz 2. Ich habe gespannt gewartet, wie sie das begründen. Die Begründung war: „Da macht man was kaputt.“ Vertrauen. Eine Beziehung. Die Familie. Das fanden sie so klar, dass sie es gar nicht diskutieren wollten.

Platz 3 hat mich dann wirklich überrascht: „Vater und Mutter ehren“. Oha. Als ich das später den Eltern beim Elternabend erzählt habe, konnten die ihr Glück kaum fassen. Wobei ich ihnen dann auch erzählt habe, wie das gemeint ist. „Vater und Mutter ehren“ ist nicht nur eine tägliche Herausforderung für pubertierende Jugendliche, sondern auch eine Ansage an Erwachsene. „Ehre deine altgewordenen Eltern,“ könnte das dann heißen. Und auch: wie geht ihr in euer Gesellschaft mit alten Menschen um? Wie sieht es mit dem Personalschlüssel in den Pflegeheimen aus?

Ich finde: Die Gebote aus längst vergangenen Zeiten stellen gute Fragen. Mir für mein eigenes Leben und uns als Gesellschaft. Sie fordern einen heraus. Es lohnt sich, an ihnen hängen zu bleiben, die Fragen ernst zu nehmen und sich hinterfragen zu lassen. Privat und als Gesellschaft.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24389
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