Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Letzte Woche sind sie angerückt. Bauarbeiter, die die Straße und die Bürgersteige vor unserem Pfarrhaus aufgerissen haben, um neue Rohre zu verlegen. Lärm, Schmutz, Unannehmlichkeiten gehen damit einher.

Muss das jetzt sein, war mein erster Gedanke.

Muss das jetzt sein, denken auch viele, die auf den Autobahnen unterwegs sind und wegen einer Baustelle im Stau stehen.

Wäre das nicht noch ein bisschen so gegangen?, fragen sich viele Menschen in solchen Situationen.

Geht es noch ein bisschen?, ist auch eine Frage, die ich mir und viele Menschen sich stellen, wenn sie ihre Zimmer zu Hause anschauen.

Baustellen sind nichts, wonach man sich sehnt. Baustellen bringen immer Unordnung in den Tagesablauf.

Aber, Baustellen bringen auch immer etwas Neues. Wenn die Straße ganz neu gebaut ist und es sich super darauf fahren lässt, ist man richtig froh. Wenn das Zimmer zu Hause frisch gemacht ist und noch nach frischer Tapete riecht oder nach frischer Farbe, dann stellt sich eine innere Zufriedenheit ein.

Ich gehe soweit zu sagen: Ohne Baustellen kann man das nicht erreichen.

Gustav Heinemann, lange Jahre sehr aktiv in der evangelischen Kirche und von 1969 bis 1974 Bundespräsident, hat das einmal so in Worte gefasst: „Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte.“

Auch im Leben gibt es viele notwendige Baustellen. Wenn der Kapitän eines Schiffes notwendige Reparaturen hinausschiebt, kann schon Wasser eindringen und das Schiff geht unter. Ein marode gewordenes Haus bricht zusammen, bevor der Besitzer es sanieren kann, wenn er zu lange wartet. Ein Freund, um den man sich nie kümmert, kennt einen nicht mehr, wenn man mal wieder Kontakt aufnehmen möchte.

Baustellen machen Dreck, schaffen Verdruss, fordern heraus, aber sie lohnen sich für die Zukunft.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24366
weiterlesen...