Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Stellen Sie sich vor, dass nachher das Telefon bei Ihnen klingelt. Es meldet sich ein Mensch mit einem deutlich hörbaren Akzent und erzählt Ihnen, er sei Jim Yong Kim, der Präsident der Weltbank. Und er habe über einige Umwege etwas von Ihnen gehört und nun wolle er Sie persönlich kennenlernen, weil er gerne mit Ihnen befreundet wäre…

Wenn ich mir das für mich vorstellen will, dann merke ich schnell: Es geht gar nicht! Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Angela Merkel oder Paul McCartney oder auch nur Günter Jauch oder Heino daran interessiert wären, mich persönlich kennenzulernen.

Bei Gott habe ich mich dank unserer christlichen Tradition irgendwie schon daran gewöhnt, dass er sich wohl für mich interessieren muss. Es scheint so selbstverständlich! Dabei darf man doch vermuten, dass der Abstand von mir zu Gott um einiges größer ist als mein Abstand zu Jim Yong Kim oder Angela Merkel.

Unfassbar, eigentlich. Und doch ist es so: Wir haben allen Grund dazu, uns als Gottes Freunde zu sehen. Der Grund dafür liegt bei Gott selbst. Er hat sich entschieden. Jesus sagt: „Ich nenne euch meine Freunde.“ Und er ergänzt: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.“

Der Grund dafür, dass eine Freundschaft mit Gott überhaupt möglich ist, liegt bei Gott selbst. Und das ist ganz und gar nicht selbstverständlich. Gott will mich als Freund haben! Wenn ich diesen Gedanken weiterdenke, dann übertrage ich das, was ich aus anderen Freundschaften kenne, auf mich und Gott.

Ehrlich zu sein ist mir wichtig in einer Freundschaft. Gemeinsame Überzeugungen. Und der Mut, nicht immer einer Meinung zu sein.
Ich mag Freundschaften, in denen ich auch nach langer Zeit, in denen kein Kontakt möglich war, einfach wieder anknüpfen kann. Und ich mag Freundschaften, in denen ich den anderen unterstützen kann. Ja. Das mag ich wirklich: Jemanden in seinen guten Plänen zu unterstützen, ihm zur Hand zu gehen, den Rücken zu stärken.

Moment mal? Geht das bei Gott auch? Kann ich ihm den Rücken stärken? Kann ich ihn in seinen guten Plänen unterstützen? Ganz bestimmt nicht so wie ich das bei Menschen tue, aber irgendwie – ja, irgendwie schon. Heute ist ein guter Tag, um Gottes Freundschaft mit meiner Freundschaft zu beantworten und etwas Gutes zu tun.

Ach, und wenn nachher das Telefon klingelt und es ist nicht Jim Yong Kim: Seien Sie nicht enttäuscht. Sie haben einen Freund, der noch viel wichtiger ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24228
weiterlesen...