Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Protestieren, das heißt, für etwas zu sein und nicht gegen etwas. Ich finde, das sollte man gut unterscheiden. Nur wütend sein, nur etwas falsch finden, nur dagegen sein, das reicht nämlich nicht. Man muss auch liefern, wenn man etwas ändern will. Pro-testieren eben – öffentlich für etwas einstehen und eine Alternative anbieten, die besser ist.

So wie Martin Luther es gemacht hat, damals im 16. Jahrhundert. Er war nicht der einzige Widerständler in der Kirchengeschichte. Aber dass er so erfolgreich gewesen ist, das verdankt er dem Umstand, dass er ein wirklich gutes Angebot machen konnte. Ein Gegenmodell, das die Kirche nicht umstürzen sollte, sondern sie reformieren, verbessern. Die Kirche sollte sich nicht um Macht und Geld, sondern am das Evangelium, um die gute Botschaft Gottes kümmern. Luther und die, mit ihm davon überzeugt gewesen sind, haben sich selbst deshalb die Evangelischen genannt.
Später haben sie noch einen anderen Namen bekommen, nämlich die Protestanten. Das war zum ersten Mal am 19. April 1529  in Speyer.

6 Fürsten und 16 Reichstädte haben damals dem Kaiser auf dem Reichstag ein Protestschreiben übergeben. Sie haben protestiert für die Freiheit des Glaubens und des Gewissens. Sie waren überzeugt davon, kein Reichstag kann festlegen, was ein Mensch zu glauben hat. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Und zwar ausschließlich vor Gott. Zu den Erstunterzeichnern dieser „Speyrer Protestation“ gehörten zum Bespiel die Städte Konstanz, Heilbronn und Reutlingen.

Ihr Protest war so wichtig, weil der Kaiser und manche Fürsten versucht hatten, die Reformation in den evangelisch gewordenen Städten und Ländern zu stoppen und wieder rückgängig zu machen. Die Bürger aber konnten sich kein Zurück mehr vorstellen hinter die Freiheit eines Menschen in Glaubens- und Gewissensfragen. In den Reichsstädten gab es Bürgerversammlungen und Abstimmungen. Die Bürger haben sich mehrheitlich für die Reformation entschieden und verlangt, dass bei ihnen auch weiter evangelisch gepredigt wird. Dafür sind dann ihre Bürgermeister und Ratsherren auf dem Reichstag eingetreten. Dafür haben sie protestiert.

Die Speyerer Protestation von 1529 ist eines der zentralen Ereignisse der Reformation. Sie hat mit ermöglicht, dass sich in Deutschland und in anderen Ländern das Prinzip der Glaubens- und Religionsfreiheit durchsetzen konnte. Der heutige 19. April ist also ein bemerkenswerter Tag. Ein Jahrestag für die Glaubensfreiheit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24055
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