Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Im Mittelalter ist es ein Oster-Brauch gewesen, dass der Pfarrer am Ostermorgen auf der Kanzel einen Witz erzählt und die Gemeinde zum Lachen bringt. Christus ist auferstanden, jetzt wird gelacht.  Der Tod, die schlimmste Bedrohung für den Menschen, hat seine Macht verloren. Keine böse Macht kann einem jetzt noch wirklich etwas anhaben.

Einer, der es fertig gebracht hat,  dem Bösen ins Gesicht zu lachen, war Martin Luther. Besonders dann, wenn jemand öffentlich Hass und üble Nachrede über ihn verbreitet hatte. Vor 500 Jahren schon hat Martin Luther zu spüren bekommen, dass andere öffentlich über ihn hergezogen sind.

Aber er konnte damit umgehen. Meistens jedenfalls. Weil er überzeugt davon war, dass kein Hass und keine Gewalt  und keine Todesdrohung ihm ernsthaft schaden können. Er war schließlich ein getaufter Christ. Und für den gilt sinnbildlich-, er ist mit Christus gestorben und ist mit ihm auferstanden. Dagegen kann keine Todesmacht mehr ankommen und auch keine Gerüchteküche. Davon war Martin Luther überzeugt.

Einmal hat Luther so eine Hass-Schrift über sich selbst in die Finger bekommen. Es war die Nachricht über seinen eigenen Tod:  über sein „gotteslästerliches Sterben“ und seine anschließende Höllenfahrt. Luther hat nur gelacht und erwidert: Er, Martinus Luther, bezeuge den Empfang der Nachricht von seinem Tod. Er habe sie „fast gern und fröhlich gelesen“, ja, er fühle sich dadurch „sanft an der rechten Kniescheibe und an der linken Ferse gekitzelt“.
Es war ihm anscheinend völlig egal, was da irgendjemand über ihn verbreitet hat. Er hat nur darüber gelacht und seine Witze gemacht.

Dass Luther das konnte, das hat etwas mit Ostern zu tun. Und auch mit dem Osterlachen. Luther glaubt fest: Wenn einer Macht hat über ihn, dann ist das Christus. Der ist auferstanden und stärker als der Tod. Und der will nicht seinen Tod, sondern sein Leben. Das genügt. Und das macht ihn stark und mutig. Meistens jedenfalls.

Dass der Reformator nicht immer nur souverän gewesen ist, das kann man in seinen Schriften allerdings auch finden. Manchmal war er auch verzagt und mutlos oder verletzt durch das, was andere über ihn verbreitet haben. Aber das macht ihn für mich nicht unglaubwürdig. Im Gegenteil, ich finde das normal und sehr menschlich. Zum Glauben gehört eben nicht nur die Stärke, sondern auch die Schwäche und die Unsicherheit. Beides darf sein. Sogar an Ostern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24053
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