SWR1 3vor8

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Ich bin schon öfter gefragt worden: „Was ist das für ein Buch, diese Bibel. So viele Gewaltgeschichten. Wie können Sie die Bibel so wichtig nehmen?“ Ich verstehe das, da stehen Geschichten drin, mit denen tue ich mich auch schwer. Heute ist in den evangelischen Gottesdiensten so eine dran.

Als junger Vater ist sie mir arg nah gegangen. Wie kann in der Bibel stehen, dass ein Papa bereit ist, sein Kind zu opfern? Abraham heißt der Vater. Er glaubt, dass Gott ihm das befohlen hätte. Kann Gott eine so dunkle Seite haben? „Nimm Deinen Sohn, den Du lieb hast, bring ihn auf dem Heiligen Berg Morija als Brandopfer.“ Bei so einem Auftrag, da sträubt sich doch alles in einem, oder? Aber Abraham glaubt, Gott will das.

Irgendwann ist es mir dann gedämmert. ‚Du begreifst diese Geschichte nicht, wenn Du nur auf den Anfang starrst. Am Anfang schildern Geschichten ja immer das Problem, mit dem Menschen sich plagen. Wenn Du den Sinn echt begreifen willst, guck aufs Ende. Was für eine Lösung gibt es für das Problem.

Das Problem am Anfang der Geschichte ist Abraham, der Vater. Und wen er für Gott hält: Eine Macht, die verlangt, sein Kind zu opfern. Und auch wenn diese Geschichte aus der Bibel uralt ist, das Problem gibt es leider immer noch. Es gab Väter und Mütter. Ne, es gibt sie bis heute, die sind bereit, ihre Kinder zu opfern. Für große Ziele, für höhere Mächte. Das schlimmste Beispiel: Mütter und Väter haben immer wieder ihre Söhne und Töchter zu „Helden“ erzogen und die wurden Opfer für Vaterland oder die Sache.

Oder weniger dramatisch: Eltern wollen „das Beste“ für ihr Kind – meinen sie – und verlangen Falsches von ihnen. Lassen sie zu große Opfer bringen für sportlichen oder beruflichen Erfolg. Und oft ist es in Wahrheit der eigene Ehrgeiz, dem Eltern gehorchen. Kinder werden Opfer von zu hohen Zielen, verkehrten Zwecken, falschen Göttern.

Die Geschichte in der Bibel von Abraham, seinem Sohn und Gott geht anders aus. Sie erlöst Vater und Sohn. Sie ist grad keine Gewaltgeschichte. Sie beendet die Gewalt. Die Geschichte geht nämlich gut aus: Grade will Abraham sein Kind hergeben, da fällt ihm Gott in den Arm. Ein Engel - erzählt die Bibel - bremst den Papa. Und er begreift: Gott will nicht, dass ihm Menschen geopfert werden.

Und für uns heute finde ich: Wenn der Höchste das nicht will, dann wollen wir Väter und Mütter das auch nicht: Wir verlangen von unserem Kind kein Opfer, das zu weit geht. Und wenn andere so was verlangen, dann halten wir dagegen, für unsere Kinder.

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Das „Opfer“ Abrahams

22,1 Nach diesen Begebenheiten stellte Gott Abraham auf die Probe. Er sprach zu ihm: Abraham! Er sprach: Hier bin ich. 2 Und er sprach: Nimm deinen Sohn, deinen Einzigen, den du lieb hast, Isaak, und geh in das Land Morija und bring ihn dort als Brandopfer dar auf einem der Berge, den ich dir nennen werde. 3 Am andern Morgen früh sattelte Abraham seinen Esel und nahm mit sich seine beiden Knechte und seinen Sohn Isaak. Er spaltete Holz für das Brandopfer, machte sich auf und ging an die Stätte, die Gott ihm genannt hatte. 4 Am dritten Tag blickte Abraham auf und sah die Stätte von ferne.

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9 Und sie kamen an die Stätte, die Gott ihm genannt hatte, und Abraham baute dort den Altar und schichtete das Holz auf. Dann fesselte er seinen Sohn Isaak und legte ihn auf den Altar, oben auf das Holz. 10 Und Abraham streckte seine Hand aus und ergriff das Messer, um seinen Sohn zu schlachten.

11 Da rief ihm der Bote des HERRN vom Himmel her zu und sprach: Abraham, Abraham! Er sprach: Hier bin ich. 12 Er sprach: Strecke deine Hand nicht aus gegen den Knaben und tu ihm nichts, denn nun weiß ich, dass du gottesfürchtig bist, da du mir deinen Sohn, deinen Einzigen, nicht vorenthalten hast. 13 Und Abraham blickte auf und sah hin, sieh, ein Widder hatte sich hinter ihm mit seinen Hörnern im Gestrüpp verfangen. Da ging Abraham hin, nahm den Widder und brachte ihn als Brandopfer dar an Stelle seines Sohns.

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