Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Es gibt Tage, da klappt einfach gar nichts. Bei mir sind das immer mal wieder die Montage. Vielleicht, weil ich mir schwer tue mit der Umstellung vom Wochenende auf den Werktagsrhythmus. Wäre ja auch nicht so ungewöhnlich. Es soll ja auch so genannte Montagsautos geben. Die sind dann reparaturanfälliger. Und laut Statistik ist der Montag der Tag mit den meisten Arbeitsunfällen und zwar zwischen 10 und 12, also aufpassen nachher!
Wenn dann wieder mal so ein Tag war, an dem ich nicht so produktiv gewesen bin, dann gehe ich unzufrieden nach Hause, weil alles nur Stückwerk war, ich nichts Gescheites zu Wege gebracht hab’. Aber ist das denn wirklich so? Oder fühlt es sich nur so an? Schau ich mir solche Tage mit ein wenig Distanz an, dann erkenne ich, dass doch immer wieder auch gute Anteile drin waren. Es ist oft nur mein Gefühl, mein Frust, der dann das Ganze verallgemeinert.
Und selbst die Dinge, die tatsächlich nicht so sind, wie sie sein sollten oder wie ich sie wollte, die nicht geklappt haben, der Ausschuss sozusagen, ist der denn auch nur alles Mist? Oder ist er nicht auch der Humus für die Dinge, die dann scheinbar wie selbstverständlich irgendwann doch noch klappen? Der Ausschuss als der Humus, der fruchtbare Boden für Gelungenes? !
Jeder Künstler kennt die zig Entwürfe, die er weggeworfen hat, bis ihm der ganz große Wurf gelungen ist. Oder die Erfinder – das wissen wir bei uns in Baden-Württemberg mit unseren vielen Tüftlern ganz genau – was haben die Erfinder an Entwürfen und Fehlversuchen bis ihre Idee zur Wirklichkeit wird! Und die Wissenschaftler – bis ihre Versuche klappen.
Also, ich plädiere für ein Lob des Ausschusses, für mehr Geduld und mehr Gutmütigkeit mit uns selbst. Bei den Werken, die wir schaffen und gerade auch bei denen, die wir nicht schaffen. Denn wir sind Gott sei Dank keine Maschinen, sondern Menschen. Und die funktionieren erstens nicht und zweitens nicht immer gleich. Oder wie hat es noch der Künstler Friedrich Hundertwasser gesagt „Die gerade Linie ist gottlos“.
Also: Gott mag es scheinbar nicht quadratisch, praktisch, gut, sondern die krummen Linien. Natürlich nicht nur, aber sicher mag er auch das Unperfekte, das Unfertige, weil es noch wachsen, sich entwickeln, gedeihen kann.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=2380
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