SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Wie man in den Wald hineinruft so schallt es wieder heraus“. Ein bekanntes Sprichwort. Wieviel Wahrheit es doch enthält, habe ich kürzlich auf zweifache Weise erfahren:
Einmal als ich beim Service der Sperrmüllabfuhr angerufen habe, den Mitarbeitern war ein Fehler unterlaufen und ich wollte wirklich freundlich darum bitten, ihn zu korrigieren: Die Dame am Telefon war allerdings alles andere als freundlich und machte mich für den Fehler verantwortlich, ohne mich überhaupt richtig anzuhören. Das hat mich so wütend gemacht, dass ich ins Telefon geschimpft habe. So kann´s gehen. Und ich habe mich dann geärgert, dass ich mich von ihrem aggressiven Ton habe anstecken lassen. Das will ich nicht.
Weil ich auch erlebt habe, wie ich mit gleichbleibender Freundlichkeit Missverständnisse ausräumen und meine Position klar sagen konnte. Wenn es so läuft, fühle ich mich dann einfach besser.

Und so habe ich es neulich im Büro erlebt: Der Anrufer war wütend, das habe ich gleich gemerkt, an seinem langen Schnaufer bevor er seine Rede überhaupt begonnen hat. Seinen ganzen Unmut und seine Verärgerung habe ich zu spüren bekommen. Dabei ist es mir gelungen, ganz ruhig zu bleiben, obwohl ich bei vielem, was er gesagt hat, sofort hätte einhaken wollen. Sein Tonfall war schon ziemlich aggressiv. Aber ich habe auch gemerkt, dass er auf seine Weise besorgt und engagiert ist. Deshalb habe ich, als er eine Pause gemacht hat, zu ihm auch gesagt, dass ich ihn in mancher Hinsicht verstehen kann. Und plötzlich ist er ruhiger geworden, ich meine auch freundlicher und ich konnte ihm meine Ansicht ganz in Ruhe erläutern. Er hat gut zugehört, fand manches interessant, was ich gesagt habe, vielleicht habe ich ihn ein wenig überzeugen können. Auch wenn wir am Ende keinesfalls einer Meinung waren. Das Gespräch ist für uns beide gut zu Ende gegangen.

Mir fällt auf, dass es in letzter Zeit zunehmend Klagen darüber gibt, dass der Umgangston in unserer Gesellschaft rauer geworden ist, Menschen schnell aggressiv werden, wenn sie unterschiedlicher Meinung sind. Dass in den Parlamenten unsachliche Debatten geführt werden, Meinungen nicht mehr ungestört vorgetragen werden können. Abgeordnete beschimpft werden. Das ist Besorgnis erregend, weil es unseren demokratischen Grundwerten widerspricht. Das kann nicht so weiter gehen, meint auch Muhterem Aras, die Landtagspräsidentin von Baden-Württemberg und will möglichst viele Menschen unserer Gesellschaft miteinander ins Gespräch über unsere demokratischen Werte bringen. Und zu denen gehört nun mal, dass man einander zuhört, auch wenn die Meinungen zu einem Thema sehr weit voneinander entfernt sind. Nur so ist ein gutes Zusammenleben möglich. Weil nur so Lösungen gefunden werden können. Und ein höflicher, freundlicher Umgangston macht für alle das Leben angenehmer. Im Landtag wie zu Hause.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23789
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