Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Im November letztes Jahr habe ich hier zur gleichen Zeit erzählt, was ich mit meinem Mobilfunkanbieter ein viertel Jahr lang erlebt habe. Es ging um die Freundlichkeit des Servicepersonals. Was sich freundlich angehört hatte, war bloß antrainiert, dachte ich mir. Einige Hörer waren dankbar für meine Worte. Sie haben ähnliches erlebt. Geschrieben haben mir aber auch drei Frauen, die in solchen Servicezentren arbeiten. Für deren Post bin ich besonders dankbar. Sie waren alle drei sehr wütend. Mir war schnell klar: Ich habe zu wenig darüber nachgedacht und berücksichtigt, wie es Menschen geht, die dort arbeiten. Ich habe gut verstanden, dass sich die Frauen geärgert haben. Alle drei haben mir von ihren Erfahrungen auf der anderen Seite des Telefons berichtet.

Eine von ihnen hat geschrieben: „Ich bin freundlich weil jeder Anrufer es verdient gleich behandelt zu werden. Ich bleibe auch dann freundlich, wenn ich es mit dementen Rentnern zu tun habe, die 5 Mal am Tag anrufen, weil sie jemand zum Reden brauchen. Ich bleibe freundlich, wenn ich es mit dem gehetzten Geschäftsmann zu tun habe, der für mich nichts weiter als Verachtung übrig hat. Ich bleibe freundlich, auch wenn ich beleidigt werde. Mich kontaktieren Mütter mit schreienden Kindern auf dem Arm. Menschen, die während des Gesprächs essen und mir ungeniert ins Ohr rülpsen. Andere nehmen mich mit auf die Toilette. Warteschleifen und eine unverbindliche Freundlichkeit sind das einzige Schutzschild in diesem Job, der mir menschlich viel abverlangt.“ 

Was ich da gelesen habe, hat mich ehrlich schockiert. Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, dass Menschen in Servicezentren manchmal derart missbraucht und unwürdig behandelt werden. Und das bei relativ geringer Bezahlung und im Schichtbetrieb. 

Ich persönlich verbinde mit dieser Sendung vom November zwei Erfahrungen. Wie immer gibt es ganz verschiedene Perspektiven zu ein und demselben Thema. Bevor man urteilt ist es gut, so viele Aspekte wie möglich dazu zu berücksichtigen.

Die andere Erfahrung hat etwas damit zu tun, wie ich mich verhalte, wenn ich merke dass ich einen Fehler gemacht habe. Ich mache nicht gerne Fehler. Vor allem wenn ich dadurch Menschen kränke. Aber ich bin froh, dass ich Fehler inzwischen meistens zugeben und um Verzeihung bitten kann.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23591
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