Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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 „Das Ziel ist im Weg“. Ups, ein Versprecher? Nein, ein so wunderbares wie sinnvolles Wortspiel. Ich hab es in einem Vortrag gehört. Es spielt mit dem gängigen Spruch „Der Weg ist das Ziel“. Bei dem es darum geht, immer schön geradeaus zu gehen und geduldig seine Pflicht zu tun.     Und sich nicht zu sehr auf das Endergebnis zu fixieren, sondern auf den Prozess, der dorthin führt. Ist ja auch gut. Weil es Stress machen kann, immer nur der Zukunft hinterher zu hecheln, statt die Gegenwart zu leben.

„Das Ziel ist im Weg“, ist die verschärfte Variante davon. Immer nur ein Ziel zu haben, oder noch schlimmer: dauernd zu hoch gesteckte Ziele zu haben. Denn das behindert das Leben, verhindert es gut zu leben.

Will man eine zu gute Mutter sein, dann macht das unzufrieden oder ein dauerndes schlechtes Gewissen. Was weder der Mutter noch dem Kind gut tut. Will man ein zu guter Mitarbeiter sein, der immer und für alles zu haben ist, dann kann man leicht den Draht zu sich selbst verlieren oder ausgenutzt werden. Und will man ein zu guter Ehemann oder Liebhaber sein, dann kann eine Beziehung zu Stress werden. Weil zu ihr auch Scheitern und Schwächen gehören.

Setze ich meine Ziele zu hoch, dann kann ich nie zufrieden sein. Ich kenne viele Menschen, die einfach nicht mehr zufrieden sein können, weil ihnen ihre zu hoch gesteckten Ziele im Weg sind. Weil sie das Gespür dafür verloren haben wann es genug ist. Darum plädiere ich für eine Kultur des Genug. Mein Glaube gibt mir dazu das geistige Futter. Er sagt mir, dass ich begrenzt bin, dass mein Leben begrenzt ist und dass all meine Bemühungen natürliche Grenzen haben. Dass ich natürlich schon das Meine tun kann und muss. Aber nur bis zu einem ganz bestimmten Punkt. Ab dem ich mein Leben und alles was ich erreichen möchte in Gottes Hand legen kann. Nicht immer der Schönste, Klügste und Beste sein wollen. Nur gut genug sein. Dem Mann oder der Partnerin nicht immer alles gut machen wollen. Immer mal wieder auch nur gut genug. Und: Nicht zu oft über den Punkt arbeiten. Nach einem vollen Arbeitstag abends nicht auch noch zu Hause die Geschäftsmails checken. Es gut sein lassen, mit der Arbeit. Genug sein lassen. Denn morgen ist auch noch ein Tag…

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23486
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