Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wer etwas Neues anfangen will, darf die Vergangenheit nicht vergessen. Sonst macht man leicht die Fehler der Vergangenheit noch einmal. Nur aus Erfahrungen kann man lernen. Das sagen viele. Und es ist ja auch richtig.

Wir erinnern uns deshalb an vergangene Ereignisse –in diesem Jahr besonders an die Reformation vor 500 Jahren, 2015 an die deutsche Vereinigung vor 25 Jahren. Und an das Ende des schlimmen 2. Weltkriegs vor 70 Jahren. Wir überlegen: Was hat die Vergangenheit gebracht? Woran sollten wir festhalten. Aber auch: was für schlimme Fehler sind in der Vergangenheit gemacht worden? Wovor müssen wir uns hüten?

Wer etwas Neues anfangen will, ein neues Jahr, einen neuen Lebensabschnitt, der darf die Vergangenheit nicht vergessen. und verdrängen.

Meine persönliche Erfahrung sagt mir aber auch: Wer immer nur auf Fehler zurückschaut, der wird starr und einfallslos. Denn in der Rückschau kann man zwar erkennen, was falsch war und was man nicht wieder so machen will. Die Sitten meiner Eltern, wie sie mich erzogen haben, wie sie ihre Feste gefeiert haben, das will ich auf keinen Fall. Aber wie kann es anders gehen? Die schwierige Beziehung zu meinem Partner, der verletzende Streit um immer die gleichen Sachen, das soll so nicht weiter gehen. Die Rückschau bringt nur immer neuen Streit und Vorwürfe. Erinnern kann einen wütend machen, oder schuldbewusst oder einfach hilflos.

Vielleicht hat Jesus deshalb geraten: „Wer seine Hand an den Pflug legt und dabei zurückschaut, der eignet sich nicht für das Reich Gottes“ (Lk 9, 62) .

Dieser Vergleich leuchtet sofort ein, auch wenn man mit Landwirtschaft nichts zu tun hat. Geradeaus nach vorne geht es nur, wenn man auf das Ziel schaut. Nicht wenn man sich umdreht und sich immer nach rückwärts orientiert.

Nach vorne schauen also. Wie es besser werden könnte. Dahin, wo die neue Welt Gottes kommen soll. Die können Menschen zwar nicht herbeizwingen. Das hat Jesus immer wieder betont. Das soll sich keiner einbilden. Aber in die richtige Richtung gehen, dahin, wo man  sie  erwarten kann: Das kann ich ja schon mal tun. Der Weg ist das Ziel und der Weg hin zur neuen, besseren Welt Gottes: Das müsste doch eigentlich ein guter Weg sein. Dann stimmt jedenfalls die Richtung.

Nicht immer bloß zurückschauen also, auf die verletzenden Worte von früher, sondern überlegen: wo wollen wir denn gemeinsam hin? gibt es ein Ziel für uns? Dann können wir das Streiten auch bleiben lassen. Und die Reformation? Sicher, damals wurde viel angestoßen. Vieles hat sich bewährt bis heute. Aber wäre es jetzt nicht wichtiger zu überlegen: Was brauchen wir, um die Trennung der Christenheit zu überwinden? 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23465
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