Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Für knifflige Situationen braucht man Klugheit. Wenn man nicht weiter weiß, weil man total schockiert ist oder verletzt von dem, was ein anderer gesagt hat. Wenn man einen Rat geben möchte und weiß nicht wie. Dann braucht man Klugheit. Weisheit könnte man vielleicht auch sagen.

Aber wie findet man die? Meine Erfahrung ist: Von selbst habe ich die nicht. Ich bin nicht klug. Erst recht nicht weise. Ich bin oft ziemlich ratlos. Leider.

In der Bibel lese ich in einem Gebet: „Weisheit beginnt mit Ehrfurcht vor Gott“ (Psalm 111, 10). Als Beispiel dafür fällt mir die biblische Geschichte von Shifra und Pua ein. Ungefähr 3000 Jahre alt. Die beiden Frauen waren Hebammen und hatten vom König den Befehl bekommen, die Jungen der hebräischen Einwanderer bei der Geburt sterben zu lassen. Dann, war das Kalkül, könnten die Fremden nicht mehr werden. Damit wäre das Problem mit den Migranten gelöst. Die beiden Hebammen aber, erzählt die Bibel ausdrücklich, hatten Ehrfurcht vor Gott und ließen die Jungen am Leben. Das Gebot „Du sollst nicht töten“ war ihnen offenbar wichtiger als der Befehl des Königs. Das hat sie weise gemacht. Und klug noch dazu. Denn als man sie zur Rede stellte, behaupteten sie: Bei den Ausländerinnen ist die Geburt immer schon geschehen, wenn wir kommen. Und dann können wir nichts mehr machen. Da fiel dem König anscheinend nichts mehr ein. Lebendige Babys – die konnte und wollte auch er nicht töten lassen.

Diese beiden Frauen waren weise: Sie haben sich an den Maßstäben Gottes, an seinen Geboten orientiert. Die standen für sie über allem. So haben sie Leben gerettet. Und sie waren klug: Sie sind nicht mit dem Kopf durch die Wand gegangen. Sie wollten nicht Märtyrerinnen werden mit ihrem Tun, auch nicht Heldinnen, und sie haben sich auch nicht zum Gespött gemacht mit frommen Sprüchen. Sie haben das klug eingefädelt, was sie für richtig hielten. Weisheit beginnt mit der Ehrfurcht vor Gott.

Und wie ist das nun, wo ich ratlos bin? Da geht es ja nicht gleich um Leben und Tod. Aber um den Streit, der größer und schärfer würde und uns das Leben schwer machen, wenn ich nicht den Mund halte. Und meine bösen Bemerkungen runterschlucke. Ich denke an Jesus. Der hat gesagt: Selig sind die Friedfertigen. Und ich begreife: Streit kann man nicht mit bösen Worten beenden. Die verschärfen ihn nur. Streit kann man nur mit Freundlichkeit und Geduld beenden. Selig sind die Sanftmütigen, hat Jesus geraten.

Und wenn ich einen Rat geben möchte? Dann versuche ich auch, es wie Jesus zu machen: Der hat gefragt: „Wie kann ich helfen?“ Ich glaube, so könnte es funktionieren.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23464
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