Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Als Kind wollte ich unbedingt einmal das Ende eines Regenbogens erreichen. Es hieß, dass dort ein Schatz vergraben sei. Das fand ich unglaublich spannend. Noch heute muss ich manchmal daran denken, gerade wenn ein Regenbogen sehr deutlich zu sehen ist. Aber klar – heute würde jeder Mensch, der das Ende eines Regenbogens sucht, für verrückt erklärt werden.

Ebenso verrückt kann es erscheinen, dass wir heute einen Feiertag feiern, an dem  an drei Weise erinnert wird, die sich auf den Weg gemacht haben, um einem Stern zu folgen.

Es müssen sehr mutige Menschen gewesen sein, diese Sterndeuter. Wer wagt schon gern einen Aufbruch ins Unbekannte? Sie folgen einem Traum, der ihnen den Mut gibt, alles auf eine Karte zu setzen und sich auf eine mühsame Reise einzulassen. Und sie sind offen für das Unerwartete. Denn der Stern führt sie nicht wie erwartet in einen Palast, sondern in einen erbärmlichen Stall. Nicht zu einem starken König, sondern zu einem schwachen, wehrlosen Kind. Und das ist das eigentliche Wunder.

Die Sterndeuter vertrauen darauf, dass sich ihre Vision in dieser anspruchslosen Umgebung erfüllt. Sie brauchen kein spektakuläres Ereignis und keinen entsprechenden Rahmen. Sie können Gottes Gegenwart in einem stinknormalen Stall entdecken, bei einer Familie mit ihrem neugeborenen Kind.

Das ist eine Botschaft, die ich in der Tat jedes Jahr neu verinnerlichen kann: Die Nähe Gottes kann für mich erfahrbar werden –in kleinen gewöhnlichen Dingen. Wenn ich Menschen begegne, die mir ihr Vertrauen schenken und denen ich vertrauen kann, ohne dass wir uns es verdienen mussten. Wenn ich in einer Pause einen kleinen Abstecher in die Natur mache und mir kleine Augenblicke des Friedens geschenkt werden.

Die Botschaft der Sterndeuter ist für mich ein bisschen wie damals, als ich nach dem Schatz am Ende des Regenbogens gesucht habe. Es ist gut,  sich innerlich immer wieder auf das Unerwartete einzulassen. Sich auf eine verrückte Suche nach Gott zu machen, der sich oft ganz anders zeigt, als ich es denke. Oder der sich mir entzieht wie das Ende eines Regenbogens. Und selbst wenn ich diesen Schatz nie ganz fassen kann, er ist da.

 

 

 

 

 

 

 

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