SWR1 3vor8

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 (Mt 2,1-12)

Ich bin Peter Kottlorz von der Katholischen Kirche. Einen schönen guten Morgen!

„Macht und Ohnmacht“. Diese beiden Worte kamen mir in den Sinn, als ich mich mit der Bibelstelle beschäftigt habe, die heute in den katholischen Kirchen zu hören ist. Es geht dort um die Heiligen Drei Könige, die Weisen oder die Sterndeuter aus dem Morgenland. Die einem Stern folgen um den neugeborenen König der Juden zu finden. Als erstes treffen sie auf einen Vertreter weltlicher Macht: König Herodes. Der wittert Konkurrenz, holt Hohepriester und Schriftgelehrte zusammen um den kleinen König zu finden und dann umbringen zu lassen. Auch die 3 Weisen aus dem Morgenland will Herodes in seine Suche einbinden. Und sie treffen tatsächlich auf ein Neugeborenes, sagen aber Herodes nichts davon. Weil es ihnen „im Traum geboten wurde“, wie es so schön heißt. Denn sie treffen auf keinen Monarchenspross, sondern auf einen Gott in Säuglingsgestalt: Winzig, nackt und schutzbedürftig. Dieser Säugling wird einmal die Welt verändern mit seiner göttlichen Macht. Die mit der weltlichen so gar nichts zu tun hat. Sondern nur mit Liebe, mit Gerechtigkeit und mit Frieden. Diese göttliche Kraft wird so stark sein, dass ihn weltliche Mächte zeit seines Lebens bekämpfen und am Ende umbringen werden. Aber seine Botschaft können sie nicht umbringen, sie wird weiter leben bis zum heutigen Tag. In aller Macht und Ohnmacht. Ja, und wie ohnmächtig fühle ich mich als Mensch, der dieser Botschaft folgen will, sie im Leben halten will. Jeden Abend erlebe ich diese Ohnmacht, wenn ich im Fernsehen die Bilder von verängstigten, leidenden und sterbenden Kindern im nahen Osten, besonders in Syrien sehe. Ich leide so sehr an dieser Ohnmacht, dass sie oft in Wut umschlägt und manchmal in Verzweiflung. Aber die allein helfen nicht weiter. Denn genau das lehrt mich doch dieser wunderbar ohnmächtig-machtvolle Glaube: dass Frieden stärker ist als Krieg, Liebe stärker als Hass und das Leben stärker als der Tod. Und darum tu ich, was ich ohnmächtiger Mensch eben tun kann: Nicht wegschauen bei den Abendnachrichten und berührbar bleiben für das Leid der anderen. Den Frieden in meinem ganz alltäglichen Leben, mit meinen Worten und meinen Taten in der Welt halten. Und beten, ja auch beten, all meine Ohnmacht vor Gott legen und fragen und klagen. Und nicht zuletzt: spenden. Spenden für die Kinder, die heute nur ein paar hundert Kilometer entfernt von dem Ort leiden, an dem die Heiligen Drei Könige den wahren König der Welt gefunden haben…

Peter Kottlorz, Katholische Kirche, Rottenburg.

  

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