Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Kommando zurück. Bei jedem Computer gibt es eine Tastenkombination, mit der man Fehler löschen kann. Dann sind sie weg, verschwunden, als hätte man sie nie geschrieben. Manchmal wünsche ich mir, dass es eine solche Taste auch im wirklichen Leben geben sollte. Wenn ich etwa daran denke, dass ich nein gesagt habe, als mich ein guter Bekannter einmal in den Bergen bat, ihn auf einem schwierigen Weg zu begleiten. Er hat sich verirrt und hat Erfrierungen erlitten. Ich hätte den Weg sicher gefunden, aber ich hatte einfach keine Lust.
Oder wenn ich daran denke, dass mir manchmal vorschnell und unbedacht eine Bemerkung über die Lippen kommt, die andere verletzt. Gäbe es doch so eine Taste, mit der man ein Wort, eine Tat oder eine Schwäche einfach ungeschehen machen könnte, eine Taste zum Löschen aller Fehler.

Im wirklichen Leben kann man nichts ungeschehen machen. Was ich getan habe, hat bleibende Folgen: das was gut war, aber die Fehler eben auch. In der Erinnerung kommen sie immer wieder hoch. In einer biblischen Erzählung kommt der jüngere von zwei Söhnen, der sein ganzes Erbe verprasst hat, zum Vater zurück. Er hat dessen Vertrauen missbraucht, nichts kann er ungeschehen machen. „Vater, vergib mir. Ich habe Unrecht getan vor dem Himmel und vor dir, darum darf ich nicht länger dein Sohn heißen.“ Vergessen und ungeschehen machen, was war, das kann weder der Vater noch der Sohn. Denn da sind Narben entstanden, wie bei jeder Wunde. Aber einen neuen Anfang kann es geben. „Mein Sohn war tot, nun ist er wieder lebendig“, sagt der Vater und gibt die Chance zu einem neuen Start. Nicht als ob nichts gewesen wäre, sondern gerade weil so viel gewesen ist.

Weil das Leben nicht wie ein Computer funktioniert, und weil ich meine Beziehungen und Erfahrungen mit anderen Menschen nicht einfach auslöschen oder beliebig verändern kann, darum fällt mir ein neuer Beginn auch oft so schwer. Helfen kann vielleicht, was der Sohn zu seinem Vater sagt: vergib mir, verzeih mir. Dann kann der andere mir einen neuen Anfang möglich machen. Aber dazu braucht es große Überwindung, dazu bin ich lange nicht bereit; denn schließlich bin ich ja nicht allein schuldig.

Der Sohn damals konnte um Verzeihung bitten, weil der Vater ihm freundlich und verständnisvoll entgegen kam und sich über seine Rückkehr gefreut hat. Jesus sagt: so ist Gott. Er freut sich, wenn ich neu anfange. Das hilft mir, um Verzeihung zu bitten, wo ich einen neuen Anfang nötig habe.
Ich kann nichts ungeschehen machen. Im wirklichen Leben gibt es keine Löschtaste.
Aber ich kann immer wieder neu anfangen. Gott sei Dank.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=2325
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