Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Der junge Mann ist inzwischen Anfang 30. Als sich seine Eltern getrennt haben war er 10. Mehr als 20 Jahre hat es gedauert bis er zum ersten Mal wieder mit beiden Eltern seinen Geburtstag gefeiert hat. Der Zufall wollte es, dass er seine Eltern bei einer Trauerfeier nach vielen Jahren wieder einmal gemeinsam erlebt hat. Da hat er gesehen, dass sich seine Mutter und sein Vater respektvoll und unkompliziert begegnet sind. So ist es dazu gekommen, dass er sie beide zusammen zu seinem Geburtstag eingeladen hat. Er war an diesem Tag so glücklich, dass er mehr als einmal hätte losheulen können. Das hat er selbst so gesagt.

Wenn er darüber spricht ist bis heute zu spüren, wie sehr ihn als Kind verletzt hat, dass sich seine Eltern getrennt haben. Obwohl er in all den Jahren zu beiden eine gute Beziehung hatte. Beide verlässlich für ihn gesorgt haben. Ereichbar waren. Beide Eltern hat er regelmäßig gesehen. Beide haben ihn durch Schulzeit, Studium und manche Krise begleitet. Mutter und Vater haben sich vor ihm gegenseitig nicht schlecht gemacht. Er musste nicht entscheiden wen er lieber hat. Er konnte beide lieb haben.

Das alles war nicht selbstverständlich. Viele Eltern schaffen das nicht, weil sie selbst so gekränkt sind. Für die Kinder macht das die Trennung meistens noch schlimmer. Schlimm ist es immer. Eine Wunde für lange Zeit. Kinder sehnen sich danach, dass ihre Eltern sich lieben und verstehen.

Liebesbeziehungen so zu leben, dass sie gelingen war noch nie leicht. Wer sich trennt, kennt den Schmerz. Wie sehr Kinder deshalb leiden wird oft unterschätzt. Wenn Eltern nach einer Trennung es nicht schaffen für ihre Kinder da zu sein, brauchen sie Unterstützung. Die gibt es zum Beispiel in Beratungsstellen. Dass sie verantwortlich mit der Trennung umgehen lernen. So dass auch ihre Kinder mit der schwierigen Situation leben können. Die Kinder brauchen jemanden, der wahrnimmt, wenn sie traurig sind. Der mit ihnen aushält, dass sie gar nichts ändern können. Die Kinder brauchen jemanden, dem sie zeigen können, dass auch sie verletzt sind. Jemanden, der sie versteht und in der Nähe bleibt. So tiefe Wunden heilen nicht schnell.

Die Geschichte des Dreißigjährigen gibt zu denken. Es ist gut, wenn Eltern sich mit dem eigenen Scheitern auseinandersetzen und versöhnen können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23060
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