Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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"Allerseelen“ steht heute im Kalender. Besonders in katholischen Gegenden stehen schon seit gestern Lichter auf den Gräbern der Verstorbenen. Evangelische Christen begehen den Totensonntag erst Ende des Monats.

Für Trauernde bringen diese Tage im November oft noch einmal den Schmerz zurück, der schon ein bisschen in den Hintergrund getreten war. Das ist natürlich, es tut weh, einen Menschen zu verlieren, den man gern hat. Viele andere finden diese Totengedenktage unangenehm und beunruhigend. Solche Gedanken ziehen einen doch bloß runter, höre ich oft.

Es ist ja merkwürdig. Fast jeden Abend sind Ermordete in den Fernsehkrimis zu sehen. In Ballerspielen werden Menschen abgeknallt. In den Nachrichten sind die Toten von Krieg und Terror zu sehen, berichtet wird über spektakuläre Todesfälle Prominenter. Aber dass jeden Tag Menschen sterben, in Wohnungen, Altenheimen, Krankenhäusern, das „ganz normale Sterben“ kommt selten vor, weder in den Medien, noch im Erleben der Menschen.

Natürlich: Es tut weh, wenn man Abschied nehmen muss für immer. Vor allem in der Selle tut es weh. Aber meine Erfahrung ist: Das wird nicht besser, wenn man die Gedanken ans Sterben verdrängt und schweigt. Im Gegenteil, es wird leichter, wenn man darüber redet. Das reden über den bevorstehenden Tod führt Menschen zusammen.

Manchmal allerdings stehen die Betroffenen sich gegenseitig im Weg. Die Sterbenden möchten die Angehörigen schonen und die Angehörigen umgekehrt den Sterbenden. Und das Schweigen trennt. Ich habe erlebt und von Freunden gehört, wie es hilft, wenn man miteinander redet. Offen darüber spricht, dass der Tod bevorsteht. Einander noch einmal sagt, wie sehr man zusammen gehört. Vielleicht auch regelt, was geregelt werden muss. Wenn es noch gemeinsam geht. Wahrscheinlich tut es dem Großvater gut, wenn er sagen kann, wem er seine Briefmarken geben möchte und wer die Versteinerungen bekommen soll, die er ein Leben lang gesammelt hat. Manchmal tut es auch gut, wenn man darüber reden kann, wie die Trauerfeier sein soll.

Und über die Hoffnung zu reden, die man hat. Sicher, niemand weiß, wie es weitergeht nach dem Tod. Ich selber vertraue auf einen Satz aus dem 23. Psalm. Der heißt: „Ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.“ Für mich heißt das: Die Toten und die Lebenden gehen einander nicht verloren. Wir bleiben miteinander verbunden in Gott. Das macht mich zuversichtlich. Für die, die ich gehen lassen muss. Und für mein eigenes Sterben auch..

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