SWR1 3vor8

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Von allen Seiten versuchen Leute, mich zu manipulieren und zu beeinflussen. Fotogeshopte Fotos zum Beispiel zeigen mir: Falten sind kein Problem und Haarausfall auch nicht. Du musst bloß bestimmte Cremes und Tinkturen kaufen, dann bleibst du so schön wie ein Model. Oder, anderes Beispiel: Berichte über Flüchtlinge, die nicht arbeiten, machen mich unsicher: Wollen die vielleicht doch nur unser Geld?

 

Wie kann ich mich dagegen schützen, verführt zu werden und manipuliert von Leuten, die mich eigentlich nur für ihre Interessen einspannen wollen? Oder Geld verdienen?
In der Bibel gibt es dafür einen Rat, im Brief an die Leute in Ephesus. In den evangelischen Gottesdiensten wird heute darüber gepredigt (Epheser 6. 10-17).

 

Der Apostel Paulus denkt an die Soldaten seiner Zeit und wie die sich geschützt haben und rät unter anderem: Bindet euch die Wahrheit wie einen Gürtel um. Wie einen Gürtel, der weite Gewänder und Umhänge zusammenhält und dafür gesorgt, dass die Kleidung nicht verrutscht oder man sie womöglich verliert. So war das nämlich damals zur Zeit des Paulus.

 

Wie ein Gürtel die Kleidung zusammenhält, so soll die Wahrheit dafür sorgen, dass mein Denken nicht verwirrt wird oder dass mir meine Werte und Grundüberzeugungen nicht verloren gehen.

 

Und wie geht das, sich diesen Gürtel der Wahrheit umbinden? Am ehesten doch wohl, indem man verschiedene Meinungen hört. Und kritisch nachfragt: Ist das vielleicht bloß Werbung mit schönen Fotos für bestimmte Produkte? Gibt es unabhängige Warentests? Was sagen Mediziner zu den Schönheitsmittelchen? Noch besser: Selber mit den Betroffenen reden. Mit Flüchtlingen, die auf Arbeit warten. Mit Betreuern, die sehen, wie es ihnen geht.

 

Dann sehe ich vielleicht, dass alles zwei Seiten hat. Nicht nur die, die mir bisher vor Augen war. Und ich kann mir selber ein Urteil bilden und nicht bloß übernehmen, was andere sagen.

 

Ich glaube: Je mehr ich mich um Wahrheit bemühe und nicht einfach glaube, was mir irgendwer vorsetzt – desto mehr werde ich dem anderen gerecht. Wer nach Gerechtigkeit fragt, der fragt immer auch, was für den anderen gerecht ist. Gerechtigkeit gibt es nie nur für eine Seite. Wie viele Konflikte zwischen Menschen könnten so gelöst werden, wenn man fragt: Ist das wirklich auch für den anderen gerecht?

 

Das empfiehlt Paulus übrigens auch: Sich um die Wahrheit bemühen und nach Gerechtigkeit fragen. Ich glaube, wer nicht manipuliert werden will, der sollte es damit versuchen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22939
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