Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Was tröstet, das bestimme nicht ich. Was wirklich tröstet, das bestimmt allein derjenige, der Trost braucht. Andere können mit ihren Versuchen zu trösten, ziemlich daneben liegen.
Die Bibel erzählt von Hiob. Seine drei Freunde versuchen vergeblich  ihn zu trösten.  Hiob, ein untröstlicher Mensch. Erst verarmt er unverschuldet. Dann sterben seine Kinder. Und schließlich wird er selbst noch todkrank.

Kann es überhaupt einen Trost geben für jemand, der so leiden muss? Hiob findet ihn selber. Er sagt:. „Gott hat‘s gegeben, der Herr hat‘s genommen“.
Ich aber finde, so kann man keinen Menschen trösten. Auf mich wirkt dieser Satz überheblich und besserwisserisch.

So habe ich jedenfalls gedacht, bis ich zwei Menschen kennengelernt habe, die jeder ein Kind verloren hatten. Beide sagten unabhängig voneinander: Wenn wir diesen Satz nicht gehabt hätten, wir wären verrückt geworden. Bitte nehmt uns diesen Satz nicht. Er hat uns geholfen, etwas anzunehmen, was man eigentlich gar nicht annehmen kann - den Tod des eigenen Kindes. Das ist doch das schlimmste Leid, das einen treffen kann.

Diese beiden verwaisten Eltern sagten: Von einem anderen Menschen hätten wir uns das wahrscheinlich nicht sagen lassen. Aber wir selbst haben uns das Bibelwort gesagt. Und es hat uns geholfen.

Gott hat‘s gegeben: das macht uns dankbar für die Zeit, die wir hatten mit unserem Kind, die glücklichen Tage, die schönen Stunden im Urlaub, die Schulzeit, die Liebe, die wir uns geben konnten.

Und dann eben: Gott hat‘s genommen: wir verstehen den Tod  nicht.  Aber es tröstet uns irgendwie, dass Gott die Lebenszeit unserer Kinder bestimmt hat und nicht ein betrunkener Autofahrer oder der Tumor, der irgendwann da war. Gott hat das Kind jetzt in seine Arme genommen, wo wir als Eltern das nicht mehr tun können. Irgendwie tröstet uns diese Vorstellung. Auch wenn wir trauern und den Tod nicht verstehen.

Und dann haben diese beiden Eltern gesagt: Bitte nehmt uns nicht unseren Trost. Und sagt uns vor allem nicht, was ein guter Trost ist und was nicht. Ihr seid nicht betroffen. Ihr könnt das nicht beurteilen.
„Gott hat’s gegeben, Gott hat’s genommen.“ Ich weiß nicht, ob mich so ein Satz trösten könnte.

Aber ich habe etwas gelernt aus der Reaktion jener Eltern, die ihre Kinder verloren hatten.  Was ein Mensch als Trost empfindet, das ist ein Trost. Mir steht es nicht zu, darüber zu urteilen.  Was wirklich tröstet, das entscheidet immer derjenige, der den Trost braucht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22862
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