SWR4 Abendgedanken

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Nachhaltig fasziniert mich die Wüste „Namib“ in Namibia. Sie ist mit ihren mindestens 5 Millionen Jahren die vielleicht älteste Wüste der Welt. Schon das lässt mich ehrfürchtig staunen. „Namib“ bedeutet: „Ödes Land“ oder „Ort der Leere“. 

Die Niederschläge sind extrem gering. Doch wenn es regnet, dann blüht die Wüste auf. Exotische, dem Klima angepasste Pflanzen kommen zum Vorschein. Wo sonst nichts außer Sand zu sehen ist, verwandelt, ja verklärt sich die Wüste in eine Landschaft voller Zauber und Schönheit. Aber nur für kurze Zeit. Ich hatte das Glück, dieses seltene Schauspiel zu bewundern. 

Als Tourist habe ich selbstverständlich nur die faszinierende Seite der Wüste „Namib“ mitbekommen, nicht die bedrohliche. Dennoch konnte ich mir Gedanken machen und zu Einsichten kommen, die mir sonst wahrscheinlich nicht möglich gewesen wären. 

Ich habe in kürzester Zeit noch nie so viel Wasser getrunken wie in der Wüste „Namib“. Das musste ich auch, um nicht auszutrocknen. Ich fühlte mich an ursprüngliche menschliche Bedürfnisse erinnert: Hunger und Durst. 

Tief beeindruckt hat mich auch, wie grenzenlos sich die Sanddünen am Horizont verlieren Ich fühlte mich unglaublich frei, aber auch einsam. Und genau diese Erfahrung machte mich sehnsüchtig nach Nähe und Geborgenheit. Ich fühlte mich auf mein wirkliches Maß zurückgeführt.

Bei solchen Überlegungen habe ich nochmals neu wahrgenommen, welche zentrale Rolle die Wüste in der Geschichte Israels gespielt haben muss. 40 Jahre sind die Israeliten durch die Wüste gezogen, bis sie schließlich das „Gelobte Land“ erreichten. So berichtet es die Bibel. 

Auf diesem weithin beschwerlichen Weg wussten sich die Israeliten extremen Situationen ausgesetzt: Durst nach frischem Wasser. Hunger nach Brot. Vielfältige Gefahren der Wüste. Zermürbende Zweifel. Lebensbedrohliche Erschöpfung. Vor allem aber auch der Erfahrung, von Gott geführt zu werden und dann wieder verlassen zu sein. Die Wüste als Urbild des Lebens. 

Bei meinen Überlegungen in der Wüste „Namib“ hat sich in mir etwas tief eingeprägt: Wenn ich mich dieser endlosen Weite und dieser unheimlichen Leere ausgeliefert weiß, werde ich unweigerlich auf Gott zurückgeworfen - meine einzige Zuflucht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22818
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