Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Seit ein paar Tagen gehen nun auch die ganz Kleinen zur Schule, die Schulanfänger. Für die ist das jetzt eine aufregende Zeit. Stolz und gespannt und manche auch ein bisschen ängstlich sieht man sie auf ihrem Schulweg.

Mindestens so aufregend sind diese Tage für ihre Eltern. An die denke ich heute besonders. Ich erinnere mich noch gut, wie das war, damals, als unsere Kinder in die Schule gekommen sind.

Eltern müssen ihre Kinder dann ein Stück weit loslassen und Verantwortung abgeben. Eigentlich ist das ja schön. Man kann stolz sein darauf, wie die Kinder vorangekommen sind. Sie haben gelernt, sich im Straßenverkehr zu bewegen. Sie gehen zielstrebig ihren Weg zur Schule und bleiben nicht mehr an jedem Grashalm stehen. Die meisten können schon mit Stiften umgehen, wissen, wie man eine Schere benutzt und die Schuhe binden können sie auch. Darauf kann ich als Mutter oder Vater ja doch stolz sein. Das hat ja immerhin mit meiner Erziehung zu tun.

Trotzdem fällt es manchen Eltern schwer, ihre Kinder selbständig in die Schule gehen zu lassen. Warum ist das so?

Ich glaube, es liegt daran, weil sie sich für alles ganz allein zuständig und verantwortlich fühlen. Es fällt ihnen schwer, anderen zu vertrauen und jetzt sogar, ihnen ihre Kinder anzuvertrauen. Den Lehrern und Lehrerinnen zum Beispiel, die vielleicht manches anders machen, als ich es machen würde. Den Autofahrern, die einem plötzlich unberechenbar vorkommen, wenn es um die eigenen Kinder geht. Dabei: Würde ich nicht auch beinahe automatisch aufmerksamer fahren, wenn ich auf dem Gehweg Kinder sehe? Tut das nicht eigentlich jeder?

Ich glaube, solches Vertrauen auf andere sollten Eltern bewusst üben. Sie machen es sich und ihren Kindern damit leichter. Ich freue mich deshalb immer, wenn Eltern für ihr Kind diesen Taufspruch aus dem 91 Psalm ausgesucht haben: „Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“ Oder einen ähnlichen. Ich finde, damit legen sie sich und ihrem Kind Vertrauen ins Herz und ans Herz. Sie können ihr Kind ja nicht sein Leben lang vor allem beschützen, was kommen könnte. Deshalb vertrauen sie auf Gott. Und auf seine Engel – die manchmal aussehen, wie ein aufmerksamer Autofahrer, manchmal wie eine engagierte Lehrerin, manchmal wie der nette alte Herr, der meinem Sohn mal geholfen hat, an dem Dackel vorbei zu kommen, der plötzlich auf dem Gehweg stand.

Solches Vertrauen aufzubauen sei aber schwer, sagen Sie jetzt vielleicht, man hört doch so vieles. Das ist wahr. Von den guten Erfahrungen hört man leider wenig. Die Sache mit dem Dackel zum Beispiel – so was steht ja nicht in der Zeitung. Aber es passiert jeden Tag.

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