Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Seit fünfuhrfünfundvierzig wird zurückgeschossen“, dröhnte heute vor 77 Jahren Adolf Hitler im Berliner Reichstag. Schon das war eine Lüge! Den angeblich polnischen Überfall auf den Sender Gleiwitz hatte am Vorabend die SS auf Geheiß des Führers inszeniert. In der Morgenfrühe eröffnete dann ein deutsches Linienschiff das Feuer auf die Westerplatte vor Danzig. Das war in des Wortes wahrstem Sinn der „Start-Schuss“ für den Zweiten Weltkrieg, in dem über 60 Millionen Menschen völlig sinnlos ihr Leben verloren.

 

 

 

Um dieses schreckliche Datum ins Gedächtnis unseres Volkes einzubrennen, rufen die Gewerkschaften und andere Organisationen jedes Jahr am 1. September zum „Anti-Kriegstag“ auf. „Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg“, lautet die Parole.  

 

Klingt gut, aber die Wirklichkeit sieht anders aus: Verheerende Bürgerkriege, Grenzstreitigkeiten, weltweiter Terror. Die Rüstungsspirale dreht sich wieder auf Hochtouren. Wir drehen mit und liefern als der Welt drittgrößter Waffen-Exporteur die nötige Hard-Ware. „Nie wieder Krieg?“ - Schallendes Gelächter in den Kulissen! 

 

Und der Faschismus, der bekannte Kriegstreiber? Bert Brecht hat bis heute Recht behalten: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem dies kroch...“ Die ganze Welt rückt stramm nach rechts! Hunderttausende von Wählerstimmen haben auch bei uns den Rechtspopulisten den Weg in die Parlamente geebnet.  

 

Ich möchte heute am Anti-Kriegstag vor allem an unsere jungen Menschen appellieren: Ihr bereist doch die halbe Welt, habt Freundinnen und Freunde in vielen Ländern. Ihr versteht einander, ihr studiert oder arbeitet im Ausland und seid gut vernetzt. Faszinierend, was ihr erlebt! Ich glaube: Ihr hättet das Zeug, politische Kraft zu entwickeln für ein neues Miteinander der Völker. Ihr könntet doch all jene beschämen, die immer noch das Völkische vor sich hertragen. Die Globalisierung ist unumkehrbar, aber sie muss politisch gestaltet werden – nicht durch Abgrenzung, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit, sondern durch Zusammenarbeit und  Vertrauen.  

 

Uns Christenmenschen aber möchte ich heute am „Anti-Kriegstag“ an das „Stuttgarter Schuldbekenntnis“ der Evangelischen Kirche erinnern. Wir sollten uns nicht nocheinmal anklagen müssen, „daß wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.“

 

 

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22663
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