Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Nach wie vor kehren viele Menschen ihren Kirchen den Rücken. Nichts einfacher als das: Eine Stippvisite beim Standesamt und dann: Tschüss – das war´s! 

 

Aber: Was war´s? Die Kirchensteuer etwa oder die abscheulichen Skandale der letzten Jahre? Nun – die nehmen viele nur zum Anlass, um diese „App“ endgültig zu löschen und aus der Kirche auszutreten. Ist der Glaube verdunstet oder Gott selbst aus der Mode gekommen? Nach all dem, was ich an Krankenbetten erfahre, habe ich nicht den Eindruck. Viele Schwerkranke – weitab von den Kirchen – nehmen dankbar ein Gebet an und lassen sich segnen. Offene Ohren auch bei Trauergesprächen, fragende Gesichter an den Gräbern: Was ist denn eure Botschaft? Sogar bei Betriebsversammlungen und Kundgebungen erlebe ich atemlose Stille, wenn ich auf „Gott“ zu sprechen komme.

Warum hauen dann doch so viele ab? Ich vermute: Sie werden „kirchenfern“, weil wir Kirchenleute nicht mehr nahe genug dran sind. Ständig mit uns selbst beschäftigt, nehmen wir kaum noch wahr, was die Jungen umtreibt und die Alten ängstigt, wie es splittert und kracht in den Beziehungen, wie Kranke leiden, Trauernde und Verlassene weinen.

 

 

In der katholischen Kirche werden die wenigen Pfarrer allmählich zu Exoten, organisieren, delegieren, funktionieren, um den frommen Betrieb aufrechtzuerhalten. Dank und Anerkennung denen, die sich die Zeit nehmen, um Menschen zuzuhören, Fragen zu stellen und einfach da zu sein, wenn das Leben Wunden schlägt und viele an Gott und der Welt zu zweifeln beginnen. Nähe und Zuwendung aber machen unsere Botschaft aus – die Botschaft, dass Gott uns nahe ist.  

 

„Mit dem Reich Gottes ist es wie mit einem Sauerteig. Den nahm eine Frau und mischte ihn in eine Menge Mehl“, so wird Jesus im Neuen Testament zitiert (Mt 13,33-35). Ein schönes Bild. Übersetzt: Der Glaube könnte das Leben so schmackhaft machen, wie ein Batzen Sauerteig einen ganzen Laib Brot. Dazu aber muss man erst bis zu den Ellbogen hineinfahren, den Teig mischen und kneten. Glaube muss sich mit dem Leben verbinden.  

 

Wenn alle Getauften an vielen Orten den Sauerteig des Glaubens einbringen, kommen Menschen auf den Geschmack des Lebens. Würden wir herzhaftes Schwarzbrot backen, nähmen die Menschen gerne Platz an unseren Tischen.

 

 

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22662
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