Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Ein Volk auf Gespensterjagd! Wie die Irren sieht man vor allem junge Leute durch Parks und Straßen rennen. Starren Blicks auf ihr Smartphone haschen sie nach Pokémons, kleinen virtuellen Gespensterchen. Manche Jäger fallen dabei auch schon mal ins Wasser oder laufen – weniger lustig – in fahrende Autos. Spinnen die? 

Mag sein, aber in einem haben sie Recht: Die Welt ist tatsächlich voller Gespenster. Das sind allerdings keine virtuellen Scherz-Kekse, die man einfach eintüten kann, sondern wirklich „böse Geister“, so würde die Bibel sie nennen.  

Jesus ist ihnen – ohne Pokémon – immer wieder begegnet. Spaßig war das nicht: Einer brüllt ihn aus dem Mund eines Verrückten an. Der haust in Grabhöhlen und terrorisiert die ganze Nachbarschaft. Das Böse ist so real, dass Menschen davon besessen werden – krank, wie rumgedreht, außer sich. Man erschrickt in den biblischen Erzählungen über die zerstörerische Macht der Besessenheit. 

Auch heute brauchen wir nach Machtbesessenen zum Beispiel nicht lange zu suchen: Terroristische Gewalttäter, die morden und schänden, Diktatoren, die ihre Völker unterdrücken. Geheimdienste und Konzerne, davon besessen, uns auszuspähen. Und ist das, was an den Kapitalmärkten abgeht, nicht auch eine Form von Besessenheit? 

Vielleicht könnte man die Pokémon-App mit einem Spiegel updaten: Statt lustigen Geisterlein würde man sich plötzlich selbst in die Augen blicken. Augen voller Angst etwa, denn das Böse geistert auch in uns selbst herum. Wer erschrickt nicht manchmal  über die Abgründe in der eigenen Seele, über den Zorn vielleicht oder eine tiefe Trauer, die einen plötzlich niederdrückt. Oder darüber, wie uns die Arbeit versklaven kann, und vor allem, wie böse Geister die Liebe zwischen zwei Menschen zerfressen. 

Wir sind diesen Gespenstern nicht einfach hilflos ausgeliefert. „Hasch mich“ genügt freilich nicht – es geht um einen Kampf auf Leben und Tod. „Schweig und verlass diesen Menschen“, herrscht Jesus einmal einen Dämon an (Markusevangelium 1,25). Klare Kante, heißt das: Bis hierher und nicht weiter! Ein solches Machtwort wirkt Wunder. 

Ein andermal aber, als Jesus in der Synagoge eine von einem krankmachenden Geist gekrümmte Frau erblickt, besiegt er diesen Dämon durch die Liebe. Er holt die kranke Frau in die Mitte, legt ihr die Hände auf, und sie wird gesund  (Lukasevangelium 13,10-17). Das bedeutet: Dem Kraftstrom der Liebe ist kein böser Geist gewachsen.

 

 

 

 

 

 

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