SWR1 3vor8

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„Gott ist die Liebe!“ Was für ein Satz.

Manche sagen, das ist doch eine Platitude. Gott ist die Liebe. Das kann doch jeder sagen und jede stellt sich etwas anderes darunter vor. Und am Ende bedeutet es nichts. Jedenfalls nicht für mein Leben.

Gott ist die Liebe. Andere sagen, das ist doch eine romantische Illusion. Irgendwann kriegt auch die ganz große Liebe Runzeln und Flecken und es geht ziemlich menschlich zu und oft eher lieblos. Und wenn ich mich in der Welt umschaue: Da sieht es nicht aus, als ob ein liebender Gott regiert. Da gibt es Krieg und Gewalt und Terror – oft ausgerechnet im Namen Gottes. Keine Spur von „Gott ist die Liebe“ – dann müsste die Welt doch anders aussehen.

„Gott ist die Liebe“ steht auch in der Bibel (1. Joh 4, 8). Heute wird in den evangelischen Gottesdiensten darüber gepredigt. Ein gewisser Johannes – von dem man sonst nicht viel weiß – erinnert die Christen daran. Gott ist die Liebe schreibt er – und dann, ganz lapidar: „wer nicht liebt, kennt Gott nicht!“

Ich denke an Jesus, der den Menschen mit seinem Reden und Verhalten diesen Gott vor Augen geführt hat. Den Gott der Liebe. Den Gott, der alle liebt. Vorher hatten die Menschen sich nur zur Liebe zu ihren Nächsten verpflichtet gefühlt, ganz wörtlich: Die Nächsten, das waren die in der Nähe, die eigene Familie, Verwandte, Freunde. Die aus demselben Stamm. Aus demselben Volk. Die mit derselben Sprache. Andere brauchte man nicht zu lieben. Im Gegenteil. Da war Misstrauen angebracht.

Bei den Griechen und Römern gab es eine Gottheit für den Krieg. Eine für die Weisheit. Einen Gott für Schönheit und Kunst. Eine Göttin für die Erotik. Für die Nächstenliebe gab es keinen Gott. Lieblinge dieser Götter waren die Schönen, die Starken, die Durchsetzungsfähigen, die Klugen. Schwache, Fremde, Menschen mit Handikap oder Ungebildete – die mussten schon selber sehen, wie sie zurechtkamen. Um solche Menschen haben die Götter der Antike sich nicht gekümmert. Und die Menschen auch nicht.

Jesus dagegen hat gesagt: Liebt eure Feinde! Revolutionär war das. Er hat die Mühseligen und die Beladenen, die Kummer hatten oder nicht allein weiter konnten, zu sich gerufen. Gott wird euch wieder aufrichten, hat er gesagt. Und Jesus hat gezeigt, wie er sich das vorgestellt hat: Seid barmherzig, wie Gott, euer Vater barmherzig ist, hat er den Menschen erklärt. Kümmert euch um die, die schwach sind und hungrig, die unfair behandelt werden oder unterdrückt.

Gott ist die Liebe! Das ist keine Platitude. Das könnte konkret werden. Mitten im Alltag. Es gibt so viele, die Nächstenliebe brauchen. Und ich höre, was dieser Johannes geschrieben hat: „Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht!“

 

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