Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Sklaverei“ – das Wort erinnert an vergangene Zeiten. An wehmütige Schwarze auf den Baum­wollfeldern in Amerika und ihre Gesänge. Aber Sklaven gibt es auch heute noch!

Ntumbu aus dem Kongo war einer von ihnen. Mit 10 wurde er entführt und als Zwangsarbeiter an eine Erzmine verkauft. Fünf Jahre hat Ntumbu dort geschuftet. Eine Wahl hatte er nicht. Für den Minenbesitzer war er nur eine Maschine, die funktionieren musste.

Eine Studie sagt: Zur Zeit werden 45 Millionen Menschen als Sklaven missbraucht, als Kindersol­daten oder als Zwangsarbeiter in Bordellen, auf Baumwollfeldern oder in Minen. In über 160 Län­dern auf der Welt. Mehr als die Hälfte von ihnen in Indien, China, Bangladesch oder Usbekistan.[1]

Heute wird weltweit an den Sklavenhandel und die Abschaffung der Sklaverei erinnert. Und ich finde: es ist wichtig, dass wir uns erinnern. Denn abgeschafft ist die Sklaverei noch lange nicht.

Aber kann man als Otto-Normal-Verbraucher überhaupt etwas dagegen tun? Das, was in diesen fernen Ländern passiert, hat doch gar nichts mit mir zu tun!

Hatte ich gedacht! Aber ein Selbsttest im Internet hat mich eines Besseren belehrt.[2]  Mit wenigen Klicks konnte ich da mein Einkaufsverhalten eintragen: esse ich häufig Fleisch, wie viele Handys besitze ich, wie viele Kleidungsstücke hängen in meinem Schrank? Und das Ergebnis: Von den 45 Millionen Sklaven auf der Welt arbeiten 35-70 für mich. Wer weiß, wie viele für Sie arbeiten…?

Sklaverei hat etwas mit mir zu tun, hat mir der Test gezeigt. Ich bin ein kleines Rad in der Kette, die von Sklaverei profitiert. Denn Usbekistan ist weit, aber die Baumwolle für die T-Shirts meiner Kinder ist vielleicht genau da geerntet worden – von Kindersklaven. Das Erz Coltan, ohne das mein Handy nicht funktioniert, haben Sklaven im Kongo abgebaut. Und mein Kaffee wurde womöglich von Zwangsarbeitern an der Elfenbeinküste gesammelt.

Das Internetportal zur Sklavenarbeit will mir keine Schuldgefühle machen. Es will etwas tun gegen Sklaverei. Es will Unternehmen dazu verpflichten, ihre Waren in menschenwürdigen Abläufen herzustellen. Und es möchte mich dazu bewegen, lieber weniger zu kaufen, aber dafür T-Shirts und Kaffee und andere Dinge, an deren Herstellung keine Sklaven beteiligt sind.

Ntumbu ist es vor einem Jahr gelungen, zu fliehen. Er ist jetzt in einem Lager in Uganda. Aber sein größter Wunsch ist es, in sein Heimatland zurückkehren zu dürfen und dort selbstbestimmt zu leben und zu arbeiten. Und ich kann etwas dafür tun, dass sein Traum wahr wird – und Sie auch!



[1] Aktuelle Zahlen im "Global Slavery Index" 2015 der australischen Stiftung "Walk Free"; vgl. www.walkfree.org.

[2]Selbsttest „How many slaverys work for you?“ unter slaveryfootprint.org

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22615
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