Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Ich liebe Stress! Vor kurzem haben wir den 80zigsten Geburtstag meines Schwiegervaters gefeiert - im eigenen Garten mit über 80 Gästen. Das war vielleicht viel ein Stress – aber irgendwie war es auch schön.
 Ist das überhaupt Stress? Ist viel Arbeit immer auch Stress? Ich war nach dieser Familienfeier fix und fertig – aber auch glücklich. Richtiger Stress dagegen macht einen auf Dauer unglücklich.

Dabei ist Stress kein modernes Phänomen: Von Jesus Christus wird erzählt, dass er einmal im Hause zweier Schwestern zu Besuch war. Marta, die ältere, kümmerte sich um das Festessen – denn das sollte es schon werden. Jesus saß derweilen mit seinen Freunden im Garten, trank was Kühles und erzählte: vom Himmelreich, von Menschen die ihr Leben veränderten und von einer neuen Hoffnung. Ich sehe Marta vor mir, wie sie durch das Küchenfenster immer wieder Fetzen dieser Gespräche mitbekommt und so gerne auch zuhören würde. Aber es war noch so viel zu tun. Mit anderen Worten: sie hatte Stress. Denn genau das ist Stress, wenn ich hier am Schaffen bin, nicht fertig werde und eigentlich bereits wo ganz anders sein sollte.

Und dann entdeckt sie Ihre Schwester Maria, die draußen im Garten sitzt – und ihr platzt der Kragen. Sie geht hinaus und beschwert sich bei Jesus: „Kannst du Maria nicht sagen, dass sie mir helfen soll in der Küche?“ Jesus antwortet: „Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und verlierst dich an vielerlei… Ist das nicht ein sehr treffendes Bild für Stress? Menschen verlieren sich, Stück für Stück. All das, was so wichtig ist, was ich nicht lassen kann – schließlich soll alles perfekt werden - führt dazu, dass ich mich Stück für Stück verliere. Stress macht uns nicht nur fertig, wir verlieren uns auch mehr und mehr. „Maria, macht es richtig“, sagt Jesus, denn sie hat gespürt, dass jetzt etwas anderes dran ist.

Wenn es bei mir hektisch zugeht, dann nehme ich mir oft zwei Minuten Auszeit. Ich setze mich irgendwo hin, schließe die Augen und bete. Aber nicht mit vielen Worten, ganz im Gegenteil. Ich bitte Gott in solchen Momenten, dass ich mich nicht verliere und den Blick für das Wesentlich bekomme. Zwei Minuten, die ich nicht missen möchte.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22556
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