Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Auslaufmodell Kirche. Und das aus dem Mund eines katholischen Pfarrers. Nun, auslaufen kann bedeuten: Es geht zu Ende mit der Kirche in Europa. Nicht wenige Zahlen und Fakten scheinen dafür zu sprechen: die vielen Kirchenaustritte, immer weniger Priester in immer anonymer werdenden „Seelsorgeeinheiten“ in meiner katholischen Kirche. Sprich: es findet kaum mehr Seelsorge statt. – Nein, dieses Auslaufmodell meine ich nicht. 

Ich meine das Auslaufmodell von Kirche, das Papst Franziskus vorschwebt. Er steht für eine andere Art von Auslaufen: Das Schiff der Kirche soll aus dem Hafen auslaufen, in dem sie sich nur mit sich selbst beschäftigt. Franziskus soll gesagt haben: „Ich habe den Eindruck, dass Jesus im Inneren der Kirche eingeschlossen ist und klopft, weil er hinauswill.“ (zit. bei Marco Politi) Das Schiff Kirche soll an die Ränder fahren, zu denen, die vom Leben benachteiligt und verwundet sind. Auf der Tagesordnung dieses Papstes steht dabei nicht moralisieren, sondern heilen und helfen. 

Papst Franziskus zeigt immer wieder tiefen Respekt vor Menschen, die nicht glauben. Für ihn gibt es bei dem Gott Jesu keine hoffnungslosen Fälle, kennt Gottes Barmherzigkeit keine Grenzen. So geht Franziskus ohne Vorbehalte auf die Menschen zu. Dabei betont er des Öfteren, dass er kein Recht habe, ein Urteil über die Aufrichtigkeit eines anderen zu fällen. 

Sich so zu öffnen bedeutet auch, Risiken einzugehen. Auch dazu Papst Franziskus: „Wenn ich die Wahl habe zwischen einer Kirche, die sich beim Rausgehen auf die Straße Verletzungen zuzieht, und einer Kirche, die erkrankt, weil sie sich nur mit sich selbst beschäftigt, dann habe ich keine Zweifel: Ich würde die erste Option wählen.“ (zit. bei P.M. Zulehner) 

Und welche Option wähle ich? 
Ich freue mich über Papst Franziskus. Er ist für mich ein Geschenk Gottes. Ich bete und hoffe, dass ihm noch genügend Zeit bleibt, um seine Kirche auf diesen neuen Weg mitzunehmen.

Ich möchte kein Christ im Lehnstuhl sein, der seine religiöse Ruhe haben will. Ich möchte auch nicht jammern und in öden Versammlungen mit anderen einig sein, dass man halt doch nichts machen kann.

Ich fühle mich herausgefordert: Was bin ich für ein Christenmensch im Alltag? Fühlen sich Menschen wohl in meiner Nähe? Kommt etwas rüber von meinem christlichen Glauben? 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22494
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