Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Es ist ein Phänomen: Das Christentum hat sich vor 2000 Jahren außerordentlich schnell ausgebreitet. Man weiß zwar nicht genau, was sich damals alles abgespielt hat. Doch eine Erklärung scheint für die Erfolgsgeschichte des frühen Christentums sicher: Die Anhängerinnen und Anhänger dieses Glaubens sind spürbar besser miteinander umgegangen als die antike Umwelt das tat. 

Es waren die engen sozialen Netze der ersten Christen. Erst mit ihnen sind die Sorge für Alte und Kranke, sind Mitleid, Barmherzigkeit und Nächstenliebe salonfähig geworden. - Das geht zurück auf Jesus. Wie er „Wohltaten spendend“ (Apostelgeschichte 10,38) umherzog, Kranke heilte und sich auf die Seite der Erniedrigten und Benachteiligten gestellt hatte. 

Noch etwas Entscheidendes kommt hinzu: Solidarisch sein mit den Schwachen, das macht nicht mehr Halt an den Grenzen von Sippenverbänden und Familienclans. Dieser Solidarität wissen sich auch heute die christlichen Kirchen und zahlreiche Nichtregierungs- Organisationen verpflichtet. 

Kirchengemeinden, Ordensgemeinschaften, caritative und diakonische Hilfswerke setzen sich weltweit dafür ein, dass Kinder und Jugendliche menschenwürdige Lebensperspektiven haben. Ärzte ohne Grenzen kümmern sich um Flüchtlinge. Amnesty International, die Gesellschaft für bedrohte Völker mahnen die Menschenrechte an. All das macht auch deutlich: Wer sich nationalistisch oder gar fremdenfeindlich verhält, handelt weder menschlich noch christlich. 

Grenzen sind kein Wert an sich und eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen erst recht nicht. Humanität, Menschlichkeit jedoch sind ein Wert. Und: Menschlichkeit kennt keine Obergrenzen! Das gilt auch dann, wenn sich Politik und Sicherheitskräfte nach den grausamen Anschlägen in der letzten Zeit um strengere Vorsichtsmaßnahmen  kümmern müssen. Die derzeitige Verunsicherung darf auch nicht umkippen in pauschale Verdächtigungen, in Anfeindungen und Hass gegenüber Flüchtlingen. 

Menschlichkeit kennt keine Obergrenzen! Wer davon überzeugt ist, muss es laut und deutlich sagen. Dabei ist es egal, ob diese einsichtigen Menschen Christen, Humanisten oder Atheisten sind. Sie sind sich über alle Grenzen hinweg einig: Die Würde jedes Menschen ist die einzig gültige Grenze, die es unbedingt zu respektieren gilt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22492
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