SWR3 Gedanken

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Familiengottesdienst kurz vor den Sommerferien. Die zukünftigen Schulkinder aus der Kita werden verabschiedet. Im Altarraum schweben bunte Luftballons. Für jedes Kind einer. Am Boden befestigt und mit Gas gefüllt warten sie darauf, zum Himmel zu fliegen. Alle. Bis auf einen.

Ein lila Luftballon trennt sich von der Gruppe. Im Laufe des Gottesdienstes geht ihm sichtbar die Luft aus. Während seine Luftballon-Kollegen munter nach oben streben, dümpelt er knapp über der Erde und mit ziemlichem Abstand zu den anderen vor sich hin.

Die Schulkinder bekommen ihre Geschenke und den Segen Gottes. Und ich frage mich, ob eines dieser Schulkinder vielleicht so ein ein kleiner lila Luftballon ist. Eines der Kinder, die irgendwie nicht dazugehören. Die jetzt schon Außenseiter sind und es vermutlich auch bleiben werden.

Am Ende des Gottesdienstes bekommt jedes Kind seinen Luftballon. Im Freien sollen sie endlich fliegen dürfen. Völlig selbstverständlich nimmt eine Erzieherin den lila Luftballon und bindet ihn ohne viele Worte an einen prall gefüllten gelben Luftballon. Die Besitzer der beiden Ballons gehen Hand in Hand aus der Kirche und lassen draußen gemeinsam ihre Ballons steigen.

Ich sehe zu, wie die bunte Pracht in den Himmel verschwindet, und denke: So könnte auch unsere Gesellschaft funktionieren. Wenn man die lila Luftballons einfach an die gelben und roten und blauen und grünen bindet. Menschen, die munter nach oben streben, nehmen die mit, die außen vor sind. Und für beide steht der Himmel offen.

So könnten aus Bodendümplern Himmelsstürmer werden, auch Außenseiter hätten eine Chance, munter nach oben zu streben. Und Himmel und Erde wären voll mit zufriedenen Menschen, von denen keiner außen vor bleibt und jeder seine Chance bekommt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22389
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