Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Für die Welt war sie niemand, für mich war sie die Welt.“ Meine Mutter… musste ich gehen lassen. Meine Liebe und Dankbarkeit für sie wird erst mit mir sterben.“ Das ist der Text einer Todesanzeige, den ein Sohn für seine Mutter in die Zeitung gesetzt hat. Diese Todesanzeige hat mich berührt, beeindruckt und nachdenklich gemacht. Berührt hat mich wie sehr dieser Sohn seine Mutter geliebt haben muss, dass er ihr öffentlich dieses Denkmal setzt. Beeindruckt hat mich die Sprache, wie dieser Sohn in zwei Sätzen das Bild einer bescheidenen Frau gezeichnet hat, die sein Ein und Alles war und die er bis zu seinem eigenen Tod lieben und ihr dankbar sein wird. Nachdenklich hat mich gemacht, wie einmalig groß und exklusiv diese Mutter-Sohn-Beziehung gewesen sein muss. Denn nur der Sohn steht in der Todesanzeige, niemand sonst. Aber eine Einschätzung dessen oder gar eine Bewertung steht mir nicht zu. Eher ruft mir diese Liebeserklärung per Todesanzeige ins Gedächtnis wie intensiv doch die Beziehungen zu Müttern sind. Zum Wohl und zum Wehe. Eine Mutter haben und eine Mutter sein, geht so tief ins Mark von Beziehungen wie kaum eine andere. Jeder von uns hat eine Mutter und jeder von uns hat seine ganz eigene, gute, schöne, vertraute, liebevolle, schwere, komplizierte, belastete oder schmerzliche Beziehung. Und jede Frau, die Mutter ist, weiß um dieses einmalige Verhältnis zu diesem Wesen, das neun Monate lang in ihrem Leib war und das sie unter Schmerzen zur Welt gebracht hat. Das ist der erste Bund fürs Leben, und der bleibt. Selbst wenn sich die Wege trennen oder gar Streit Mutter und Kind entzweit. Darum kommen Mutter und Kind auch nie ganz voneinander los. Wie durch ein unsichtbares Band bleiben Mutter und Kind miteinander verbunden. Und darum ist es auch so natürlich und schön, wenn dieses Band mit Dank und Liebe gebunden ist. Darum ist es auch so schmerzlich, wenn es mit Vorwurf und Ablehnung gebunden ist.  Darum ist es auch so schwer, wenn dieses Band zur Fessel wird durch Abhängigkeit.

Und darum ist es auch so befreiend und heilsam, wenn Versöhnung zwischen Mutter und Kind geschieht. Bevor eine Todesanzeige zu schreiben ist…

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22287
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