Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Wer Schweine aufzieht ist ein produktives, wer Kinder aufzieht ein unproduktives Mitglied der Gesellschaft“, klagte im Jahre 1841der National-Ökonom Friedrich List.

Er hätte auch heute noch Grund zur Klage! Denn Arbeit im Haushalt, in der Kindererziehung, in häuslicher Pflege ist – rein materiell betrachtet – immer noch nichts wert. Milliarden von Arbeitsstunden werden einfach nicht bezahlt. Grade mal, dass pro Kind ein paar Rentenjahre gutgeschrieben werden. Unglaublich, dass Erziehungs- und Beziehungsarbeit – überwiegend von Frauen erbracht – nicht einmal im Brutto-Inlandsprodukt ausgewiesen wird. Eine echte Null-Nummer!

Viele Frauen und Mütter, die heute früh wieder zugange sind, den Tisch abräumen, die Kinder zur Schule richten, Besen und Staubwedel schwingen, waschen und bügeln, fühlen sich bisweilen als Aschenputtel der Gesellschaft. Manche haben das schon so verinnerlicht, dass sie sich bei Vorstellungsrunden verschämt als „Nur-Hausfrauen“ zu erkennen geben. Dabei sind sie Managerinnen, Erzieherinnen, Köchinnen, Einkaufsleiterinnen, um nur wenige Qualifikationen zu nennen, von denen jede für sich schon ein Spitzengehalt wert wäre.

Warum erzielt man mit Schweinezucht einen Ertrag und erzieht Kinder zum Null-Tarif? Vermutlich, weil wir diese Arbeit gesellschaftlich nicht hoch genug einschätzen. Viele erwerbstätige Männer halten Hausarbeit und Kindererziehung für selbstverständlich, fast vergnügungssteuerpflichtig. „Kinderkram - mach´ ich doch mit links“. Nur wenige, die nach Feierabend richtig zupacken oder sich gar als Hausmann selbst eine Zeit lang versuchen.

Was hindert uns eigentlich, Familienarbeit als echte Alternative zur Erwerbsarbeit auszugestalten – attraktiv für Frauen und Männer? Bezahlte Familienarbeit - das wäre gerecht, denn auch die Arbeit zwischen Waschmaschine und Wickelkommode verdient ihren Lohn. Das wäre auch wirtschaftlich vernünftig: Familien hätten ein solides Einkommen, alle wären sozial abgesichert und vor Altersarmut geschützt, der Staat würde massiv Sozialleistungen einsparen, der Arbeitslosigkeit wäre die Spitze gebrochen. Frauen und Männer könnten sich – in Augenhöhe zueinander – Erwerbs- und Familienarbeit besser teilen.

Dass Arbeit in der Familie zumeist aus Liebe getan wird, ist kein Grund, sie nicht gerecht zu entlohnen! Liebe – die kann man natürlich nicht in barer Münze, sondern nur in gleicher Währung zurückzahlen, nämlich mit Anerkennung und Dankbarkeit.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=2224
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