Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Ihr habt aus dem Haus Gottes eine Räuberhöhle gemacht!“ So angewidert ist Jesus gewesen von diesem Markttreiben im Tempel, dass er überhaupt nicht wieder zu erkennen war. Und er treibt die Marktteilnehmer eigenhändig hinaus. Das Haus Gottes ist keine Räuberhöhle.

Und die Welt Gottes heute? Auch eine Räuberhöhle des Marktes? Manchmal denke ich, ja: Jedenfalls gibt es auch da Zustände, die einen anwidern können.

Nur ein paar Meldungen aus jüngster Zeit:
Ein Manager bei einem Autokonzern hat 50 Millionen bekommen fürs Nichtstun. Bayern München soll für einen Spieler ein Angebot über 50 Millionen bekommen haben. 50 Millionen für einen Fußballer.
Oder weltweit:
Das eine reichste Prozent der Weltbevölkerung hat mehr Vermögen als die restlichen 99 % aller Menschen zusammen. Dh.: 70 Millionen Superreiche besitzen mehr als die übrigen sieben Milliarden Menschen auf Gottes Erde. Und das Verhältnis Reich und Arm ist in den letzten Jahren nicht besser geworden, sondern schlechter.
Oder zurück nach Deutschland:
Das Sterben der Bauernhöfe geht weiter. Für einen Liter Milch bekommen Bauern 25 Cent. Wird da nicht gezogen und geraubt? Die Welt Gottes eine Räuberhöhle? Und wer erlaubt sich das?

Jetzt sagen Sie vielleicht, das hat doch alles gar nichts miteinander zu tun. Ja kann sein, dass die einzelnen Dinge nicht direkt zusammenhängen. Im Sinne von Ursache und Wirkung. Aber eine Begründung taucht immer wieder auf, wenn diese weltweite Räuberei erklärt oder entschuldigt werden soll.

„Das ist der freie Markt. Und der wird’s am Ende schon richten,“ heißt es. Das ist ein Satz, die mich am meisten anwidert. Manchmal kommt mir die Freiheit dieses freien Marktes völlig verantwortungslos vor. Und Freiheit ohne Verantwortung ist keine Freiheit. Sie verkommt. Da herrscht einfach das Gesetz des Stärkeren.

Wie hat Jesus angewidert gesagt: „Ihr habt aus dem Haus Gottes eine Räuberhöhle gemacht.“ Und heute: Wird aus Gottes Welt eine Räuberhöhle gemacht?

Jetzt fragen Sie vielleicht. Was können wir SWR1 oder SWR4 Hörer da machen? Die Superreichen, die was ändern könnten, hören eh nicht zu. Aber ich denke, wir können zumindest an der richtigen Stelle angewidert sein. Wir sollten uns endlich darüber erzürnen, wie unsere Welt oft ist. Uns über die erzürnen, die diese Welt so machen, dass es so viele Arme und so maßlos Reiche gibt. Ich glaube, viele von uns sind zu brav. Und manche Zornigen sind auf die falschen Dinge zornig.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22164
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