Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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 „Ihr Kirchenleute müsst Euch nicht wundern, dass die Menschen nicht mehr so an Gott glauben.“ Er wollte mich herausfordern mit seiner Meinung, der Journalist. Bei einer Podiumsdiskussion. „Es ist doch so:“ hat er weiter gemeint, „Not lehrt beten. Und wenn es den Menschen besser geht, so wie vielen bei uns, dann braucht es den Glauben nicht mehr so.“ Und ein bisschen hatte ich den Eindruck, er findet es gut, wenn Glaube und Kirche für viele Menschen nicht mehr so wichtig sind.

Was denken Sie, hat er recht mit seiner Ansicht? Hängen Not und Glaube zusammen. Gott ein Notnagel, den man um Hilfe bittet, bis es einem gut geht. Und dann….vergessen und überflüssig.
Manches scheint dafür zu sprechen. ZB auch eine Geschichte aus der Bibel.

Jesus begegnet vor einem Dorf 10 Männern. Ihnen geht es ziemlich elend, sie haben alle dieselbe Krankheit. Und müssen außerhalb der Dorfgemeinschaft leben. Als sie Jesus sehen, flehen sie ihn um Hilfe an. Und tatsächlich, alle werden gesund. Neun von den 10 machen sich umgehend davon, schnell heim zu ihren Familien. Nur einer kommt noch mal zu Jesus zurück. Und bedankt sich bei Jesus für die Heilung. Der wundert sich: „Wart ihr vorhin nicht zehn? Und jetzt, wo es drum geht, sich bei Gott zu bedanken, bist Du bloß noch allein.“

Soweit die Geschichte aus der Bibel. Sie zeigt. Es ist was dran: Not lehrt beten. Aber spricht das gegen den Glauben?
Ich frage mich: Müsste ich nicht erst recht beten, wenn es mir gut geht, ich gesund bin oder vielleicht wieder geworden. Wenn meine Kinder gradeaus sind. Und und und.

Wenn der Glaube weniger wird, wenn es Menschen gut geht. Das spricht doch nicht gegen den Glauben. Es scheint mir mehr ein Zeichen dafür, wie schnell Menschen vergessen. Wie gott-vergesslich ich manchmal bin.

Not lehrt beten, aber wenn den Menschen besser geht, geht es bergab mit der Religion. Mit der Beobachtung wollte der Journalist bei der Podiumsdiskussion mich herausfordern. Aber ich finde: Eigentlich wird anders rum ein Schuh daraus. Eigentlich könnte mein Glaube auch wachsen, wenn es mir gut geht. Und dankbarer.

Wenn ich dankbar bin, das schützt mich hoffentlich davor, dass ich selbstzufrieden werde und nur „mich“ sehe. Schön fände ich, wenn es mich offener macht: Und ich mit offenen Augen durch die Welt gehe und sehe wo es anderen nicht gut geht. Und dann mein Teil dazu beitrage, dass Not gelindert wird. Nach dem Motto: ‚Gott will, dass allen Menschen geholfen wird.‘

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22162
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