Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Aktion Sahnehäubchen“. Ich bin Mitglied im Kuratorium eines sozialen Projekts, das diesen ungewöhnlichen Namen trägt: Die Aktion unterstützt seit zehn Jahren junge Menschen im Landkreis Tübingen. Kinder und Jugendliche, deren Eltern sich so manches nicht leisten können, was für andere ganz selbstverständlich ist. Die Situation der Familien schauen wir uns im Kuratorium genau an, bevor wir entscheiden. Uns geht es immer um das einzelne Kind. Was könnte dem jungen Menschen gut tun, ihn fördern in seiner Entwicklung? Was braucht er, damit er dazu gehören kann, wie die übrigen?

Philip kann nicht mit auf die Klassenfahrt, weil der Teilnahmebetrag zu hoch ist. Den übernimmt dann die Aktion Sahnehäubchen. Peter spielt für sein Leben gern Fußball. Er hat Talent, aber die Eltern brauchen alles, was sie verdienen, damit sie durchkommen. Für „Extrawürste“ bleibt nichts übrig. Die Aktion Sahnehäubchen setzt sich dafür ein, dass der Verein den Jungen gratismitspielen lässt. Lisa will gern lernen, Oboe zu spielen, aber für ihr viertes Kind bringt die Mutter den Beitrag für die Musikschule einfach nicht mehr zusammen. Unsere Aktion fördert inzwischen den Musikunterricht von über hundert Kindern. 

Die Aktion trägt den Namen „Sahnehäubchen“, weil sie sich für das verantwortlich fühlt, was nicht selbstverständlich ist. Es geht nicht um das tägliche Brot auf dem Tisch und das Dach über dem Kopf. Wir sind der Meinung: In einem reichen Land wie Deutschland muss das soziale Netz ärmere Familien auffangen. Aber das Brot ist eben nicht alles bei uns. Der Mensch hier lebt von mehr. Das Leben wird erst schön, wenn man seine Talente entfalten kann und dabei gefördert wird. Das Sahnehäubchen ist kein überflüssiger Luxus. Es ist das, was Freude entstehen lässt, was gut schmeckt und glücklich macht. Gerade junge Menschen brauchen das. Damit sie entdecken, welche Möglichkeiten in ihnen stecken, und damit sie Mut haben, aus ihnen etwas zu machen. Aus Lisa muss keine begnadete Oboistin werden und aus Peter kein Fußballprofi. Es genügt schon, wenn sie für ein paar Stunden in der Woche vergessen, dass ihre Familie immer genau rechnen muss, was geht und was nicht geht. Und spüren, was die Luft in ihren Lungen vermag und die Kraft in ihren Beinen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22122
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