Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Respekt!“ So etwas hat Jesus noch selten gesehen. Er staunt und deshalb macht er seine Gefährten darauf aufmerksam. „Schaut einmal, was diese Frau hier gerade tut! Sie wirft im Gottesdienst ein Geldstück in den Spendenkorb.“ Aha.

Die anderen sind nicht sehr beeindruckt, denn es ist offensichtlich nicht viel Geld, das die alte Dame gibt. Wäre es ein großer Scheck gewesen, ein Betrag, mit dem man etwas anfangen kann, dann hätten sie mitgestaunt. So aber müssen sie es erst erklärt bekommen. „Die anderen hier“, sagt Jesus, „die geben von ihrem Überfluss ab. Sie aber ist bettelarm und gibt alles, was sie kann und sogar noch mehr.“

Ich habe mir vorgestellt, was Jesus heute in Erstaunen versetzt. Wo sagt Gottes Sohn heute „Respekt!“ und möchte, dass wir mal hinschauen? Ich habe in den letzten Wochen ein paar erstaunliche Menschen kennengelernt, die alles geben, alles tun, was sie können. Auf den ersten Blick erscheint es manchmal nicht viel, aber es ist mehr als das, was andere aus ihrem Überfluss tun.

Respekt für die Frau, die im hohen Alter ihren eigenen Haushalt führt. Es ist vielleicht nicht mehr alles so sauber wie früher einmal, aber jeden Tag rafft sie sich auf und tut alles, was sie kann und sogar noch mehr.

Respekt für den Mann, der noch gar nicht so alt ist, aber sein Verstand lässt nach und so tut er alles, was er kann, um fit zu bleiben – so lange wie möglich. Ich stehe an der Kasse hinter ihm und muss ein Weilchen warten, weil er das Geld genau abzählt und zusammenrechnet. Es ist sehr anstrengend für ihn, aber er gibt nicht auf. Er tut alles, was er kann, um sein Leben so lange wie möglich zu erhalten und anderen die Pflege zu ersparen.

Respekt. Auch für die Dame, die ich so oft mit ihrem Rollator gehen sehe. Man hat ihr wohl gesagt, dass sie viel gehen soll, das sei gut für die Durchblutung. Und so geht sie jeden Tag vom Heim in die Stadt, dreht ihre Runden, Kilometer für Kilometer, grüßt jeden, der ihr entgegenkommt mit einem freundlichen Lächeln und bringt etwas Sonne in die Stadt. Sie tut alles, was sie kann. Respekt.

Diese Menschen sind eine positive Herausforderung für mich. Wie oft bleibe ich unter meinen Möglichkeiten. Sie tun alles, was sie können. Das hat Respekt verdient.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22097
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