SWR1 3vor8

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1 Kön 17,17-24  und Lk 7,11-17

„70 % der Frauenrenten liegen unter Hartz-IV-Niveau.“ So titelte vor einigen Monaten eine große deutsche Boulevard Zeitung.* Altersarmut ist in Deutschland in erster Linie weiblich. Die klassische Rollenverteilung wirkt sich da immer noch aus. Der Mann hat Vollzeit gearbeitet und die Frau gar nicht oder nur Teilzeit und konnte sich deshalb keine ausreichende eigene Rente aufbauen. Und eine Witwenrente ist eben nur ein Teil der Rente.  

Um Absicherung des Lebensunterhaltes für Frauen geht es auch in den biblischen Texten, die heute in den katholischen Gottesdiensten vorgelesen werden. Auch wenn man dies zunächst einmal nicht direkt erkennt. Da ist zunächst der Text aus dem Alten Testament, aus dem ersten Buch der Könige. Hier wird vom Propheten Elia erzählt, der den toten Sohn seiner Vermieterin zum Leben erweckt. Und im neutestamentlichen Text, er steht im Lukasevangelium, geht es um den toten Jüngling von Naïn. Als er zu Grabe getragen wird, greift Jesus ein und erweckt ihn zu neuem Leben.

Was Totenerweckung mit der Sicherung des Lebensunterhaltes von Frauen zu tun hat? Ganz einfach: Die Mütter der beiden jungen Männer waren Witwen. Und bei der aus Naïn wird eigens dazugesagt, dass der Sohn ihr einziger war. Zu biblischen Zeiten gab es keine Rentenversicherung heutiger Art. Sondern es war die Aufgabe der Kinder für das Auskommen der alten Eltern zu sorgen. Und wenn eine Frau Witwe wurde, hatte sich ihr Sohn um sie zu kümmern. Einen Sohn zu haben, war für eine Frau ihre Rentenversicherung. Und wenn es ein guter Sohn war, lag diese über dem Hartz-IV-Niveau.

In beiden biblischen Geschichten geht es mehr um die Mütter als um die Söhne. Sie sollen ihre Söhne zurückbekommen, damit sie im Alter versorgt sind. Ausdrücklich heißt es in der Geschichte vom Jüngling von Naïn, dass Jesus deshalb gehandelt hat, weil er Mitleid mit der Mutter hatte.

Ich gebe zu, mit Wundern habe ich so meine Probleme, erst recht mit Totenerweckungserzählungen. Ob das wirklich so war? Ich weiß es nicht. Aber dem Anliegen der Geschichten stimme ich voll zu: Es geht nicht an, dass gerade Frauen im Alter nicht ausreichend versorgt sind. Jesus greift da mit einem Wunder ein. Wir könnten es mal damit versuchen, unser Rentensystem gerechter zu gestalten. So, dass nicht 70 % der Frauenrenten unter Hartz-IV-Niveau liegen.  

* Bildzeitung vom 10.11.2015

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22089
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