Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Manchmal führt das Leben ganz unterschiedliche Menschen zusammen. So wie die Kölner Hip-Hop-Band Microphone Mafia und Esther Bejarano. Esther Bejarano ist Jüdin. Sie ist 91 Jahre alt und hat den Holocaust überlebt.

Juden, Christen und Muslime in einer Band. Gemeinsam machen sie Musik für ein friedliches Miteinander. Gerade sind sie auf großer Deutschland-Tour.

Esther Bejarano ist eine der letzten Überlebenden des Mädchenorchesters von Auschwitz. Sie hat den Schrecken des dritten Reiches am eigenen Leib erlebt. Sie war in zwei Konzentrationslagern. Überlebt hat sie nur, weil sie sich selbst das Akkordeonspielen beigebracht hat – das einzige Instrument, das im Mädchenorchester Auschwitz noch gefehlt hat. Nach dem Krieg wanderte sie nach Israel aus.

Lange hat Esther Bejarano über ihre Erfahrungen im Nazi-Deutschland geschwiegen. Auch noch als sie 1960 mit ihrer Familie nach Deutschland zurückkehrte, weil sie das Klima in Israel nicht vertragen hat. Sie wollte die Erinnerungen verdrängen, die ihr immer noch jede Nacht Alpträume bereitet haben. Und sie wollte ihre Familie nicht damit belasten.

Aber 19 Jahre später, 1979, haben Neonazis vor ihrer Schmuckboutique einen Stand aufgebaut mit hetzerischen Parolen gegen Ausländer. Und die Polizei hat damals nur die Neonazis vor den Gegendemonstranten geschützt. Da wurde Esther Bejarano klar: „Ich muss reden!“ Und seitdem redet sie. Offen und öffentlich erzählt sie von ihren Erfahrungen im KZ. Und seitdem singt sie laut gegen Unterdrückung und Ausgrenzung.  

Seit 5 Jahren nun gemeinsam mit der Microphone Mafia. Die Hip-Hop-Band hat Esthers Lieder mit Texten in türkisch, italienisch, englisch und kölsch unterlegt. Die Rap -Musik ist nicht ihre, sagt Esther Bejarano, die ist ihr viel zu laut. Aber mit den jungen Leuten will sie zeigen, dass man miteinander arbeiten und leben kann, auch wenn man ganz verschieden ist. 

„Per La Vita“ und „La vita continua“ – „Für das Leben“ und „Das Leben geht weiter“ heißen die beiden Alben, die sie mit den Kölner Rappern aufgenommen hat. Eine Sammlung von Liedern, die für ein friedliches Zusammenleben werben und die zum Widerstand aufrufen gegen jede Art von Rassismus. „Unser Widerstand hat ein Lächeln auf dem Gesicht“, fasst der Rapper Kutlu Yurtseven ihre gemeinsame Botschaft zusammen: „Diese Welt ist voll von gleichgültigen Blicken. Wir müssen die Blicke wieder mit Zuversicht und Solidarität füllen, in dem wir als Beispiel vorrangehen.“

Ich finde, das ist eine wichtige Botschaft. Gut, dass sich die Musiker begegnet sind.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22015
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