Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Ich hoffe, Sie können mich überhaupt noch hören! Für heute hat ja Ricardo Salazar, ein Pfarrer aus Tokio, den Weltuntergang angekündigt! Schon wieder einer! Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wie viele Weltuntergangs­drohungen ich in meinem Leben schon gehört habe. Und falls heute doch alles gut geht – die nächste Ankündigung kommt bestimmt.

Denn immerhin können sich die Weltuntergangs-Propheten ja auf die Bibel berufen! Die spricht tatsächlich an mehreren Stellen davon, dass es irgendwann einen Tag geben wird, an dem Schluss sein wird mit dem Leben, wie wir es kennen.  Die ersten Christen und der Apostel Paulus haben geglaubt, dass das Ende der Welt noch zu ihren Lebzeiten kommt. Und auch Martin Luther hat das Weltende ganz nah erwartet.

Wie ist das wohl – im Angesicht des nahen Weltuntergangs zu leben, frage ich mich. Wird einem dann alles egal? Oder lebt man in ständiger Angst, etwas zu versäumen?

Mir ist aufgefallen: Der Apostel Paulus und der Reformator Martin Luther malen keine Schreckens­bilder vom Ende der Welt. Im Gegenteil: Sie blicken voller Hoffnung auf diesen Tag – sie sehnen sich sogar danach. Denn sie vertrauen darauf, dass Gott am Ende der Tage eine neue Erde und einen neuen Himmel schaffen wird. Dann wird Gott dann sein Friedensreich vollenden und alles Leiden, alle Schrecken, alle Not auf der Erde werden dann ein Ende haben.

Für mich ist das ein tröstlicher Gedanke: dass es einmal keine Kriege mehr geben wird, keine Tränen, kein Leid, keine Opfer und keine Täter. Dass Gottes Liebe das letzte Wort haben wird. Einen solchen Tag kann ich wirklich erhoffen und ersehnen. Und bis dahin lebe ich gern – im Hier und Jetzt!

„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Martin Luther wird dieser Satz zugeschrieben. Und selbst wenn er ihn nicht gesagt haben sollte, er passt zu ihm. Auch wenn irgendwann die Welt vergeht, ich setze auf die Zukunft, heißt dieser Satz für mich.

Genau das will ich auch. Nicht unbedingt Apfelbäume pflan­zen, aber mich zum Beispiel für Menschen stark machen, für die Umwelt, mich dafür einsetzen, dass unsere Welt jetzt schon besser wird, gerechter, liebevoller – zumindest ein bisschen.

Ich denke, dass das Ende der Welt heute nicht kommt. Aber selbst wenn: auch dann bin ich in Gottes Hand – und unsere Welt auch. Und dann kommt etwas Neues, Besseres. Bis es soweit ist, ist es an uns, für die Zukunft zu sorgen. Ich versuche das auf jeden Fall, so gut ich kann.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22010
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