Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Schwamm drüber, vergeben und vergessen“, das sind wichtige Worte nach einem Streit oder wenn einer den anderen verletzt hat. Und sie sind auch Ausdruck eines der zentralen Ideale des christlichen Glaubens: Zu verzeihen. Aber wer schon mal richtig an Leib oder Seele verletzt worden ist, der weiß wie schwer das ist. Ein zu schnelles „Schwamm drüber“ kann  wirkliches Verzeihen verhindern. Denn wenn eine Verletzung tief gegangen ist, dann muss sie auch in der Tiefe verarbeitet werden. Es gibt alte, bewährte Orientierungsmarken, was zu einem wirklichen Verzeihen gehört. Theologen und Psychologen sprechen immer wieder von 5 Stufen die dazu nötig sind. Ich halte sie für so gut, dass ich sie weitergeben möchte: Also Stufe 1, auf dem Weg zur Verzeihung und Versöhnung: Bereuen und beichten. Das heißt, der der verletzt hat, muss die Verletzung erkennen und auch anerkennen. Dazu gehört Einsicht und Reue, ernsthaftes Bedauern und auch das Bedauern auszusprechen.
Stufe 2: Wiedergutmachung: Der, der verletzt hat, soll es auch spürbar wiedergutmachen wollen und soll das auch zeigen, sich bemühen.                                                                           

Drittens: Neues Verhalten. Beide – der, der verletzt hat, wie auch der, der verletzt wurde - sollen darauf vertrauen können, dass die Verletzung nicht mehr vorkommt. Dann und erst dann kann man verzeihen. Und zwar sich selbst und dem anderen. Ja, auch sich selbst! Weil eine Verletzung, bei dem der verletzt wurde, sehr viel Schmerz und Wut ausgelöst hat, von der er sich befreien sollte. Und auf dieser Basis steht dann auch die fünfte und letzte Stufe: Die Versöhnung und der Neubeginn. Bis dahin ist es ein langer und oft schwerer Weg, der nur mit „Schwamm drüber“ überhaupt nicht zu gehen ist. Der sich aber lohnt und am Ende zwei Menschen wieder Seelenfrieden bringt: Dem, der verletzt hat und dem, der verletzt wurde.

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