SWR2 Wort zum Tag

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Johanna gehört zu den Frauen der Bibel, über die wenig bekannt ist. Sie unterscheidet sich aber von anderen Frauen im Neuen Testament durch ihren politischen Hintergrund. Sie ist eine Dame der Hofgesellschaft, lebt in wohlhabenden Verhältnissen, denn ihr Mann Chusa ist ein hoher politischer Beamter des Herodes.
Herodes Antipas und sein Hof haben in den biblischen Erzählungen keinen guten Ruf. Der Landesherr Jesu lebte in der Residenz Tiberias am See Genezareth, wo er ein herrschaftliches Leben mit Macht und Willkür führte. Das musste auch Jesus erfahren.

Johanna begegnet Jesus (Lukas 8,3), hört seine Botschaft, erlebt eine Gemeinschaft von Männern und Frauen ohne Macht und Willkür. Das lässt sie einen anderen Blick auf ihr Leben werfen. Sie ahnt: es muss mehr als alles geben. Ich stelle mir vor: Johanna begehrt auf, hat die Vision von einem anderen Leben. Dieses Lebendig-sein-wollen lässt sie aufbrechen. Sie fragt sich vielleicht: Was ist mir wesentlich? Wo bin ich ich selbst?Sie verlässt ihren Mann, gibt ein gesichertes Leben auf, um Jesus nachzufolgen. Eine Dame der Hofgesellschaft des Herodes im Gefolge Jesu! Ein Skandal für die damalige Zeit. Lukas erzählt, dass Johanna Jesus nachfolgt, ihn mit ihrem Vermögen unterstützt und bei der Kreuzigung dabei ist. Aber ihre Geschichte ist eine Randnotiz geblieben, obwohl sie beim Evangelisten Lukas so häufig erwähnt wird wie Maria Magdalena.

Aufzubrechen aus einem fremdbestimmten Leben, der Wunsch nach Sinn, ist zeitlos: Auszuziehen aus überholten Rollen, zerbrochenen Beziehungen, aus fremdbestimmten Arbeitsformen. Es meint: Neues zu wagen, die Suche nach dem eigenen Weg. Johannas Mut aufzubrechen ist ansteckend, wenn ich erkannt habe, dass ich im Heute nicht lebendig lebe. Frage ich nicht auch oft: Was suche ich in meinem Leben?Welche Sehn-sucht bestimmt mich? Ist es Erfolg, Anerkennung, Reichtum? Oder ist es ein Leben, das sich aussetzt, das sich den Herausforderungen des Lebens stellt? Es sind Fragen danach, wie ich leben will, was Leben ausmacht, Fragen nach dem Grund meines Hoffens, Handelns und Glaubens. Denn es gibt keine Existenz ohne die Suche nach Sinn, sagt Dorothee Sölle. Johanna begreift in ihrer Nachfolge Jesu die Liebe als jene Kraft, die die Welt zum Guten verwandelt. Für die Liebe in der Welt hat Jesus Menschen in seine Nachfolge gewonnen – damals wie heute.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21860
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