Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

 Danke sagen ist uns nicht angeboren. Darum üben wir’s mit den Kindern, wie wir es selbst gelernt haben. Zum Beispiel in der berühmten Szene an der Wursttheke, wenn die freundliche Verkäuferin ein Stückchen Lyoner in die kleine Kinderhand gelegt hat. „Und, wie heißt das?“ „Danke!“

Als Erwachsene merke ich, dass das Danken für mich auch leicht in Vergessenheit gerät. Gerade eben war ich noch froh, weil ich etwas Schönes erlebt habe – kurz darauf ist es wieder vergessen, weil mich schon wieder anderes auf Trab hält. Oder ich bin achtlos darüber hinweggegangen, weil ich es für selbstverständlich genommen habe. Schade eigentlich. Das Leben wird dadurch so schnell wieder gewöhnlich und irgendwie farblos.

Aber nun habe ich vor einiger Zeit eine Geschichte gehört:.
Ein Mann hat sich jeden Morgen einige Bohnen in die linke Jackentasche gesteckt. Ohne Bohnen ist er nicht aus dem Haus gegangen. Immer, wenn er etwas Schönes erlebt hat, hat er eine Bohne von der linken in die rechte Jackentasche getan. Den ganzen Tag über. Die Freude über die ersten Sonnenstrahlen – und schon wandert eine Bohne von links nach rechts. Etwas glückt ihm bei der Arbeit – die nächste Bohne wandert. Das gute Essen, das fröhliche Lachen seiner Frau, ein Glas Rotwein – nochmal drei Bohnen. Abends hat er dann in die rechte Jackentasche gegriffen und hat die Bohnen vorgeholt. Einzeln, jede für sich, um sich nochmal in Ruhe zu erinnern und zu danken für das, was schön war. Mal waren es mehr, mal weniger Bohnen. Wenn es mal nur eine war, dann war die umso kostbarer. Am nächsten Morgen hat er wieder von vorne angefangen.

Mir gefällt diese Idee. Sie hilft, aufmerksam hinzuschauen und nicht gleich wieder zu vergessen, was da Gutes war. Bohnen habe ich nicht zur Hand, aber manchmal mache ich das mit großen Blumensamen vom letzten Herbst. Morgens ab damit in die linke Tasche. Und dann schaue ich, was der Tag so bringt. Immer, wenn ich etwas Schönes erlebe, wandert ein Blumensamen von links nach rechts. Als neulich mein Fußballverein gewonnen hat, habe ich vor Begeisterung gleich 2 genommen.

Und abends setze ich mich dann hin, krame die Blumensamen raus und erinnere mich. Dann entsteht in mir ein Dankgebet. Danke, Gott. Danke auch für das, was ich manchmal für selbstverständlich halte.
Und wenn ich dran denke, wie schön die Blumen letzten Sommer geblüht haben – da wandert doch gleich wieder ein Blumensamen von links nach rechts…

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21837
weiterlesen...