Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wer andern hilft, der denkt immer auch ein bisschen an sich. Völlig selbstloses Helfen gibt es nicht. Das sagen jedenfalls die Psychologen. Wenn ein Mensch vor der Entscheidung steht, ob er helfen soll oder nicht, dann fragt er sich bewusst oder unbewusst: Was springt für mich dabei heraus? Und nur, wenn ihm das Helfen auch was nützt, hilft er, meinen die Forscher. Zum Beispiel helfen Menschen dann, wenn sie sich von dem anderen auch Hilfe erwarten. Ich helfe meinem Kollegen beim Umzug, dann hilft er mir sicher auch bei meinem. Oder Menschen helfen, weil sie dann von den anderen bewundert werden. Oder sie helfen einfach deshalb, damit sie sich gut fühlen.

Das finde ich etwas ernüchternd. Das passt irgendwie gar nicht zum Helfen. Beim Helfen sollte es doch um die gehen, die Hilfe brauchen und nicht um mich. Andererseits: Es ist doch eigentlich nicht so wichtig, warum jemand hilft, Hauptsache er tut es. So sehen es sicher auch die Hilfsbedürftigen selbst. Es stimmt schon: Hauptsache es wird geholfen. Aber was ist, wenn eben nichts für mich herausspringt? Wenn ich auf keine Gegenleistung hoffen kann? Haben die Hilfsbedürftigen dann Pech gehabt?

Zum Glück nicht. In bestimmten Situationen gibt es das nämlich doch: Helfen, ohne dabei an sich selbst zu denken. Der amerikanische Psychologe Daniel Batson hat herausgefunden: Wenn es mir gelingt, mich in den anderen einzufühlen, mich also in seine Lage zu versetzen, dann helfe ich ihm, ohne dass dabei etwas für mich herausspringt.

Ich denke Jesus konnte das besonders gut. Deshalb hat er auch denen geholfen, denen sonst niemand zur Hilfe gekommen ist. Etwa dem Zöllner Zachäus. Der hat den Menschen am Zoll mehr Geld abgeknöpft als recht war. Und dazu hat noch mit den verhassten Römern zusammengearbeitet. Die Menschen haben einen großen Bogen um diesen unsympathischen Typen gemacht. Auf die Idee, ihm zu helfen, ist niemand gekommen. Niemand außer Jesus. Der hat nämlich gesehen, dass Zachäus im Grunde ein ganz einsamer Mensch war. Ein armer Kerl, der sich gewünscht hat, dazuzugehören und von den anderen anerkannt zu werden. Jesus konnte sich in Zachäus hineinversetzen, und deshalb hat er ihm geholfen. Er hat ihn besucht und in die Gruppe seiner Jünger aufgenommen.

Sich in andere hineinzuversetzen, nennt man Empathie. Und ich denke, solche Empathie kann man auch lernen. Indem man in Gedanken die Rollen tauscht und sich vorstellt, man selber wäre in der Lage in der sich der andere befindet. Dann wird man bereit auch denen zu helfen, die sonst keine Hilfe bekommen.

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