Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Selig sind die Friedfertigen“, das hat Jesus in seiner Bergpredigt gesagt. Ich habe mir diese Friedfertigen immer ein bisschen weltfremd vorgestellt: Menschen, die keiner Fliege was zuleide tun können und jedem Konflikt aus dem Weg gehen.

Seit den Terror-Anschlägen von Paris, Brüssel, Istanbul oder am Ostermontag in der pakistanischen Stadt Lahore sehen die Friedfertigen für mich anders aus. Es sind die Menschen, die dort nahe Angehörige verloren haben und deren Leben durch die Anschläge ein harten Schlag und einen tiefen Riss bekommen hat. Menschen, die voll Trauer sind, aber nicht auf die gleiche Art und Weise zurückschlagen und nicht Rache nehmen. Menschen wie der Radiojournalist Antoine Leiri, der in Paris seine Frau verloren hat. In seinem viel beachteten Brief an die Täter hat er geschrieben: „Meine Hass bekommt ihr nicht“.

Auf solche Weise friedfertig zu sein, ist nicht einfach. Es ist schwer. Das Leichte und Naheliegende ist, auf Hass mit Gegenhass zu reagieren, Gleiches mit Gleichem zu vergelten, Rache zu nehmen. Die Spirale von Gewalt und Gegengewalt beginnt sich leicht zu drehen und nimmt schnell Fahrt auf. Dazu braucht es nicht viel. Aber zu verhindern, dass sie sich zu drehen beginnt, das ist anstrengend und kostet Kraft.

Fried-fertig sein heißt: Man muss den Frieden „fertigen“, ihn machen, ihn aktiv am Leben halten. Von alleine gibt es keinen dauerhaften Frieden. Ich denke: Dazu muss man verstehen, wie wertvoll und zerbrechlich der Frieden ist. Leider sehnen sich vor allem die nach Frieden, die keine Frieden haben. Wenn man ihn hat, wird der Frieden schnell normal und man beachtet ihn kaum. Die Älteren wissen, wie wertvoll der Friede ist. Sie haben den Krieg mitgemacht. Uns, den Generationen nach ihnen, ist der Frieden zur Selbstverständlichkeit geworden. Trotzdem müssen wir ihn bewahren – eine schwere Aufgabe.

Fried-fertig sein, also fertig und bereit zum Frieden sein, das ist schwer. Vor allem dann, wenn man von Gewalt bedroht oder sogar getroffen wird. Ich glaube: Menschen, die das schaffen, tun den Willen Gottes – sie, und nicht die Attentäter, die sich im Namen Gottes in die Luft sprengen.

„Selig sind die Friedfertigen“, hat Jesus gesagt, „sie“ – nicht die Gewalttätigen – „werden Gottes Kinder heißen“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21759
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