SWR1 3vor8

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Karfreitag. In allen christlichen Gottesdiensten steht heute das Kreuz im Mittelpunkt. Das Kreuz, an dem ein zu Tode gefolterter Leichnam hängt: Jesus Christus.
Dieses Kreuz hängt bei uns noch immer in Schulen, Krankenhäusern und Gerichtssälen. Und viele fragen sich: Warum hängt da ein Kreuz? Warum muss ich mir ansehen, wie grausam Menschen sind?
Warum dieses Kreuz? Es gibt verschiedene Erklärungen für die Frage, warum Jesus sterben musste, auch schon in der Bibel. Mir leuchtet besonders die ein, die der Apostel Paulus in seinem Brief an Menschen in Korinth gegeben hat. „Versöhnung“ ist sein Stichwort. Paulus schreibt: „Gott selbst war in Christus. Er versöhnte die Welt mit sich selbst und rechnete ihnen ihre Sünde nicht zu“ (2. Kor 5, 19)

Versöhnung.
Versöhnung - das klingt gut. Es gibt so viele Konflikte, die so vor sich hinschwelen. In der Ehe, in der Nachbarschaft, zwischen Völkern und Religionen. Wer wüsste das nicht. So sind wir Menschen, leider. Auf einmal tun sich Abgründe auf. Ich weiß nicht, ob ich darüber hinwegkomme, sagt man manchmal. Was passiert ist, tut so weh. Und dabei würde man doch so gerne darüber hinwegkommen. Man würde sich so gerne versöhnen. Aber wie?

Gott macht es uns vor, glauben wir Christen. Auch von ihm trennen sich die Menschen in ihrer Feindseligkeit. Aber Gott wagt den Schritt über den Abgrund. Kommt auf uns Menschen zu. Versöhnt sich. Vergibt.
Wie er das kann? Weil Gott liebt. Und an Karfreitag zeigt sich: Das heißt nicht einfach: „Schwamm drüber!“. Gott kehrt nicht einfach alles unter den Teppich. So machen wir Menschen das ja manchmal. Und irgendwann zeigt sich: Gar nichts ist gut. Die Konflikte schwelen weiter und brechen wieder auf.

Gott rechnet aber auch nicht auf, was einer falsch gemacht hat. „Gott dagegen macht mir kein schlechtes Gewissen. Das hab ich ja meistens sowieso schon.
Da, wo er selber am Kreuz hängt, da zeigt er: Liebe leidet. Gott selbst leidet an der Feindseligkeit und Lieblosigkeit seiner Geschöpfe. Am Kreuz kann man das sehen. Was Menschen einander antun sind keine Bagatelldelikte. Was Menschen einander antun, das ist schlimm. Das tut weh. Wenn Gott selbst am Kreuz hängt, kann man das sehen. Und trotzdem hält er an der Liebe fest und vergibt. So ernst ist ihm das mit der Versöhnung.

Daran erinnern die Kreuze in den Kirchen. Sie sagen: Schuld tut weh. Menschen tun einander weh. Aber Versöhnung ist möglich. Wenn man das aushält. Ich finde: Die Kreuze sollten hängen bleiben.

 

Bibeltext 2. Kor 5, 19-21

19 Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.

20 So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!

21 Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21718
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