SWR1 3vor8

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Weißer Sonntag, 2. Sonntag der Osterzeit C (Joh 20,19-31)

Die Auferstehung von den Toten kann man nicht sehen. Für viele Menschen, die glauben wollen, ist das ein großes Problem. Ein Beweis wäre einfach praktisch – für die eigenen Zweifel genauso wie für die anderen, die einem vorhalten, dass das doch alles gar nicht so stimmt, was da behauptet wird. Ist Jesus wirklich aus dem Tod zurück gekehrt?

Von Anfang an hat es daran Zweifel gegeben. Jesus lebt! Das ist die Erfahrung, die die Frauen gemacht haben, als sie keinen Jesus im Grab finden. Sie erzählen es weiter. Und als der erste von den Jüngern den Mut hat, es vor den anderen auszusprechen, da hat sofort einer das Gegenteil gesagt: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. Der Name des Jüngers, von dem dieser Satz überliefert ist: Thomas. Er steht heute im Mittelpunkt der katholischen Gottesdienste. Sein Glaube, und seine Probleme, die er damit hat. Seine Zweifel.
Weil ich auch Thomas heiße, und der Apostel mein Namenspatron ist, beschäftigt mich diese Stelle der Bibel schon lange Zeit. Mir hat immer gefallen, dass Thomas so ehrlich ist und nicht um den heißen Brei herum redet. Er will sehen. Mehr noch: Er will anfassen. Am besten: Jesus, den Auferstandenen festhalten.  So dass er es jedem zeigen kann, der ihn danach fragt. „Seht her, da ist der, der von den Toten erstanden ist. Er lebt. Und ich werde auch leben, nach meinem Tod.“ Für mich ist das, was Thomas fühlt und sagt, so menschlich: dass er etwas in der Hand haben will, dass ihm die Worte nicht genügen, und er ganz offen dazu steht, was ihm Probleme macht. Mir geht es gerade so. Und es sind mir im Laufe meiner Jahre als Priester viele Menschen begegnet, die vor allem damit zu kämpfen haben. Wohin mit dem, was ich nicht verstehe, was mich überfordert, was ich beim besten Willen nicht einfach so glauben kann?

Als Jesus und Thomas sich acht Tage nach Ostern begegnen, passiert aber am Ende noch etwas. Und das ist für mich das Schönste. Thomas soll Jesus berühren. Jesus fordert ihn ausdrücklich auf. Aber Thomas lässt es bleiben. Was ihn wohl dazu bewegt hat? Warum ihn dann der Mut verlässt? Für mich ist das seine Glaubenserfahrung, sein Ostererlebnis. Sie spielt sich in diesem winzigen Augenblick ab, als er zögert. Ich stelle mir vor, dass er ganz heftig geschluckt hat, und verstanden, und dann das gestammelt hat, was Johannes aufgeschrieben hat: Mein Herr und mein Gott.

Ich wünsche Ihnen einen frohen Sonntag.

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