Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Es beginnt mit einem großen Bahnhof und dann kommt ziemlich schnell der Absturz. Erst der rote Teppich, dann folgt der Rufmord. Beweise für begangene Straftaten werden gefunden. Dann kommt die Verurteilung.

Stars, Funktionäre und Politikerinnen erleben das heute. Erst hat man ihnen zugejubelt, dann gibt`s nur noch Häme und Schadenfreude. Und wir verfolgen ihren Absturz mit großem Interesse und meistens auch ziemlich schadenfroh. „Hatte der eben doch Dreck am Stecken.“ „Hätte sie sich selbst nicht so aufs hohe Ross gesetzt, dann wäre sie auch nicht so tief gefallen.“

Die Leidensgeschichte Jesu könnte man auch so verstehen – wenn sie nicht ganz anders ausgegangen wäre als die normalen Absturzgeschichten, die wir so kennen. Heute beginnt mit dem Palmsonntag die Karwoche, die Erinnerungswoche an die Leidensgeschichte Jesu. Heute denken wir Christen daran, wie Jesus und seine Jünger nach Jerusalem gekommen sind. Ein paar Tage vor seiner Hinrichtung. Offenbar hatte es sich herumgesprochen, dass er kommt, der große Heiler, der Gottesmann, der das Friedensreich bringen wird.

Die Leute haben an den Straßenrändern gestanden und ihm zugejubelt. Sie haben Hosianna gerufen, gelobt soll er sein, der da kommt im Namen Gottes. Begeistert haben sie Palmzweige abgerissen und sie auf die Straße gelegt. Manche haben sogar Ihre Jacken und Hemden dort ausgebreitet als Teppich, wie für einen König.

Komisch nur, dass der Star des Tages gar nicht königlich und hoch zu Ross in Jerusalem eingezogen ist. Er hat sich nur einen Esel ausgeliehen und auf dem kam er jetzt in die Stadt geritten.

Dass Jesus das Theater da am Straßenrand genossen hat, davon berichtet die Bibel nichts. Ich vermute, Jesus hat es wohl eher geschehen lassen. Weil er vielleicht schon so eine Ahnung gehabt hat, was nach diesem Auftritt folgen muss und wie das alles ausgehen wird für ihn.

Der Absturz ist schon ein paar Tage später gekommen. Jesus wird verhaftet. Er wird verhört, gefoltert, verspottet und schließlich bekommt er den Prozess gemacht mit dem Urteil: Volksverhetzer und Gotteslästerer. Schuldig und zum Tode verurteilt. Der absolute Tiefpunkt. Jesus stirbt am Kreuz.

Aber drei Tage später wird er gesehen. Von drei Frauen an seinem leeren Grab. Von einer Freundin im Garten. Von zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus. Kein Absturz für immer, – sondern Auferstehung. Darauf läuft die Passionsgeschichte Jesu hinaus. Keine total zerstörte Existenz, - sondern ein ganz neues Leben.

Ich finde, das ist die Hoffnung für alle, die abstürzen und meinen, nun sei alles aus.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21665
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